EU Digital Single Market: Richtlinien-Novelle zur Harmonisierung der Gewährleistung geht auf Kosten von Handel und Konsument

Wien, 09.02.2016 - 24-monatige Beweislast des Händlers kommt einem Freibrief zum Umtausch gleich. Diese Regelung würde Handel hart treffen und die Angebotsvielfalt für Konsumenten reduzieren.

Während in Brüssel noch immer über den Verordnungsentwurf der EU-Kommission zu Geoblocking diskutiert wird und sich Bundesregierung, Handelsverband und Wirtschaftskammer für eine wirtschaftlich verträglichere Verordnung stark machen, sorgt die Kommission für den nächsten Aufreger. Ein EU-Richtlinienentwurf sieht eine grundsätzlich sinnvolle europaweite Harmonisierung der bisherigen Gewährleistungsbestimmungen vor, die jedoch weitere, dramatische Verschärfungen enthält.

Die neue Richtlinie sieht eine wie bereits bisher in Österreich vorhandene Gewährleistung von 24 Monaten vor, verpflichtet jedoch den Händler für diese gesamte Zeit freibeweisen zu müssen, dass ein etwaiger Mangel der Ware nicht bereits bei Übergabe vorlag.

„Bisher war diese Frist auf 6 Monate begrenzt, mit der künftigen Ausweitung auf die volle Gewährleistungszeit wird dem Kunden ein Freibrief zum Umtausch ausgestellt, der gerade Klein- und Mittelbetriebe hart treffen kann“, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, der die Richtlinie mit der darin enthaltenen Beweislastumkehr als schwer geschäftsschädigend einschätzt. 

Dass die Regulierungen in Brüssel immer öfter deutlich an der Praxis vorbeizielen zeigen aktuelle Überlegungen im Europäischen Parlament, das die Erhöhung der Gewährleistung auf sechs Jahre diskutiert sowie eine Verpflichtung für Online-Händler plant, alle Webshop-Inhalte auditiv zur Verfügung zu stellen („text-to-speech“). Während noch das Damoklesschwert der Geoblocking Verordnung, die enorme Kosten für Übersetzungen und Rechtsberatung mit sich bringen würde, über den Köpfen der Händler schwebt, deuten sich schon die nächsten unverhältnismäßigen Belastungen an.

„Verbraucherschutz über allem und Harmonisierung mit der Brechstange scheint das Motto in Brüssel zu sein. Dabei wird übersehen, dass der Mittelstand vom Markt gedrängt wird und sich damit auch die Angebotsvielfalt für den Konsumenten reduziert. Überbleiben werden dann nur einige wenige Monopolisten. Wir brauchen einen europäischen (digitalen) Binnenmarkt, der allerdings nur durch fairen Interessensausgleich erreicht werden kann“, warnt Rainer Will vor gut gemeinten Maßnahmen mit negativen Folgen.

Der Handelsverband spricht sich klar für die Ankurbelung des grenzüberschreitenden E-Commerce aus, da für heimische Händler neue Kundengruppen erschlossen werden können, wenn diese Chancen genutzt werden. Er appelliert jedoch daran die Richtlinie zu den Gewährleistungsbestimmungen zu überarbeiten. Auf die Mängel der Geoblocking-Verordnung hat der Handelsverband als erste Organisation bereits im Juni 2016 hingewiesen und wird sich auch weiterhin für eine darin zu verankernde KMU-Ausnahme einsetzen, um  kleinere  und mittlere Unternehmen nicht vom Onlinehandel auszuschließen.

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