Technologie treibt Handel 2017
Wien, 7.11.2017 - Die Zukunft ist jetzt! Neue Technologien verändern die Art und Weise, wie wir leben, wie wir arbeiten und wie wir einkaufen. "Transform or Die" lautet das Gebot der Stunde. Blockchain und Distributed Ledger, Robotics und Automation, Augmented und Virtual Reality, Chatbots und Deep Learning, Smart Data und Cybersecurity – nie war das Spektrum innovativer technologischer Einsatzmöglichkeiten breiter, aber welche Lösungen sind für den Handel auch implementierbar und finanziell rentabel?
Das who is who der heimischen und internationalen Handelsbranche traf sich am 7. November bei der TTH des Handelsverbands im spektakulären T-Center Wien, um das Neueste rund um technologiegetriebene Zukunftstrends zu erfahren. Unter den Besuchern waren auch: Martin Engelmann (DM), Manfred Gansterer (MediaMarkt Saturn), Philip Hofmacher (Der Brutkasten), Alfred Kapfer (Expert), Rudolf Koch (Philips), Tomas Perdolt (Weekend Verlag), Günther Pfisterer (Hartlauer), Barbara Posch (BMWFW), Franz Radatz (Radatz), Roman Schwarzenecker (ACSC), Julia Stone (Billa), Wolfgang Taboga (GZT), Thomas Veigl (Böwe Systec), Roman Verdino (SIX), Franz Wallner (Netavis), Dieter Wasserburger (Rewe), Gerald Wirtl (Datamobile), Matthias Zacek (Google) uvm.
Austrian Retail Innovation Awards
Die "Austrian Retail Innovation Awards" zeichnen in Österreich tätige Handelsunternehmen für den Einsatz herausragender, innovativer Technologie-Lösungen aus und wurden heuer zum zweiten Mal in Zusammenarbeit mit ICONS vergeben. Aus über 30 Einreichungen wurde eine Shortlist der besten Projekte erstellt und elf Unternehmen für den Award nominiert. Die Sieger wurden durch eine hochkarätige Jury – bestehend aus den Mitgliedern des Ressorts Innovation im Handel unter Vorsitz von Business Angel Werner Wutscher – ermittelt:
Nominiert in der Kategorie "Best Instore Solution":
- Elbenwald und Phizzard für ihre virtuelle Regalverlängerung, mit deren Hilfe die räumlichen Grenzen des stationären Handels überwunden werden.
- Gusteria und Patchbox für PATCHBOX Plus – ein Verkabelungssystem für Netzwerkschränke, dass die IT massiv vereinfacht und dem Netzwerkschrank Logik und Ordnung verpasst.
Gewinner: Elbenwald & Phizzard
Nominiert in der Kategorie "Best Mobile Solution":
- Herzkinder Österreich und IQ mobile für ihre VR App Teddy’s VR Show, die einen Zirkusauftritt direkt in das Krankenhaus bringt, damit betroffenen Kinder dem langweiligen Krankenhausalltag entfliehen können.
- Billa für seine 360° Kommunikation entlang des gesamten Einkaufsprozesses mithilfe der Billa App, Mitarbeiter App, Frisch Gekocht App und dem Billa Online Shop.
Gewinner: Billa
Nominiert in der Kategorie "Best Online Solution":
- Unimarkt für seinen smarten Online-Shop, der den Kunden u.a. vordefinierte Verkaufssets, einen Preisalarm sowie eine Rezeptdatenbank bietet.
- Kastner & Öhler und Userbrain für ihr User-Testing Tool, mit dem die eigene Website, der Online Shop oder auch Web Applikationen durch echte User auf einfache Bedienbarkeit getestet werden können.
- Saturn und Dialogschmiede für MEIN SATURN – Europas erstes verhaltensbasiertes und kognitives Kundenbindungsprogramm.
Gewinner: Unimarkt
Nominiert in der Kategoire "Best Omnichannel Solution":
- Billa für seine Omnichannel-Struktur mit FCC – Österreichs erstes reines Food Fulfillment Center.
- Thalia für den Verkauf von eBooks (digitale Produkte) auch in den Filialen – ein komplexer technischer Prozess, den bis dato kein anderer Buchhändler am österreichischen Markt beherrscht.
- Expert für seine innovative, maßgeschneiderte Omnichannel Lösung, die 170 selbständige Unternehmen mit jeweils heterogenen Systemen unter einen Hut bringt und alle Waren-, Zahlungs- und Service-Prozesse über diese Lösung abbildet und steuert.
Gewinner: Expert
Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes und Moderator der TTH 2017: „Die Herausforderungen in unserer Branche sind in Zeiten des digitalen Wandels enorm. Die Qualität der eingereichten Projekte zeigt jedoch, dass sich der Handel dessen bewusst ist und innovative Konzepte immer stärker in die Geschäftsmodelle integriert werden.“ Den Initiator des Austrian Retail Innovation Awards freut es besonders, „dass wir mit den Siegerprojekten von Elbenwald, Phizzard, Billa, Unimarkt und Expert die ganze Bandbreite des Handels – vom Nischenanbieter bis zum Marktführer – auszeichnen durften.“
Programm
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Nachbericht
"In den nächsten zehn Jahren wird sich der Handel stärker verändern als in den vergangenen 40", mit diesen Worten begrüßte Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch die 155 Besucher der TTH 2017. "Unsere Branche lebt von neuen Impulsen und Innovationen wie Blockchain, Virtual Reality oder Artificial Intelligence. Technologie ist aber nicht alles, der Faktor Mensch bleibt weiterhin ein zentraler Faktor", so Mayer-Heinisch, der sich auch bei den Kooperationspartnern T-Mobile Austria, Axis, Netavis, Point of Origin, Merkur, Techbold, Exomys und Opportunity Network für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bedankte.
"Die positive Zusammenarbeit und Partnerschaft mit dem Handelsverband freut uns bei T-Mobile wirklich sehr. Heute wünschte ich allen Anwesenden einen spannenden Nachmittag bei der Technologie treibt Handel mit vielen wertvollen Insights", begrüßte auch Gastgeberin Maria Zesch, Chief Commercial Officer von T-Mobile Austria, die Besucher.
Digitalisierung kennt keine Staatsgrenzen
In der ersten Keynote widmete sich METRO-Generaldirektor Arno Wohlfahrter der Zukunft des Handels, ganz nach dem Motto: Alles bleibt besser! "Wie bleiben wir relevant? Wie können wir die Kunden dazu bewegen, auch künftig in den physischen Shop zu gehen?", diese Fragen treiben Wohlfahrter, den ehemaligen Radrennfahrer und österreichischen Straßenmeister 1987, an. METRO gilt heute u.a. als Vorreiter in Sachen E-Mobility und Nachhaltigkeit, erst vor wenigen Wochen wurde in St. Pölten der erste Null-Energie-Markt eröffnet. Aber auch im Bereich innovativer Digitalstrategien will das Unternehmen proaktiv agieren, wie etwa das Engagement in China zeigt: "Die chinesische Universalapp WeChat wird alles verändern, sie verbindet unser ganzes Leben. Alles – von Essensbestellungen über Banktransaktionen und Payment bis hin zu Messaging und Chatbots – kann über eine zentrale App gesteuert werden. Das heißt aber auch, dass Branchen zunehmend miteinander verschwimmen. Die Digitalisierung kennt keine staatlichen Grenzen. Es stehen uns spannende Zeiten bevor."
Silicon Valley Mindset
Er kennt die großen Erfolge genauso wie das Scheitern. Nachdem er mit DiTech innerhalb von 15 Jahren zum größten Online-Händler Österreichs aufgestiegen war, folgte die Insolvenz. Für Damian Izdebski aber kein Grund aufzugeben. Der umtriebige Visionär und Tech-Profi gründete mit Unterstützung namhafter Business Angels das IT-Startup techbold und widmet sich nunmehr Trendthemen wie Virtual Reality oder Blockchain. In seinem Deep Dive erläuterte Izdebski u.a. die Funktionsweise der Blockchain am Beispiel von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether. Um nicht nur davon zu reden, sondern die neue Technologie auch erlebbar zu machen, stellte techbold am TTH-Stand seine brandneuen Mining Rigs aus. "Das Bauen von Computer-Hardware ist quasi die DNA von techbold. Alle Interessierten, die in den Blockchain-Markt reinschnuppern wollen, können mit den Mining Rigs von techbold sofort loslegen", so Izdebski.
Bitcoin - gekommen, um zu bleiben
Business Angel of the Year 2014, Star der Puls4 Show "2 Minuten 2 Millionen", Gründer der Erfolgsunternehmen Paysafecard und Payolution – die Vita von Michael Altrichter ist mehr als beeindruckend. Klar, dass der Impact Investor mit aktuell mehr als 35 Unternehmensbeteiligungen auch das Trendthema Distributed Ledger bzw. Bitcoin seit Jahren auf dem Radar hatte. "Bitcoin ist kein kurzfristiger Hype, sondern gekommen, um zu bleiben. Die Bitcoin-Blockchain ist unzerstörbar und kann auch nicht nachträglich verändert werden. Sie ist transparent und anonym zugleich", erklärte Altrichter die Vorzüge der Kryptowährung. Um das Thema greifbar zu machen, gab der TV-Star einen kompakten Überblick aktueller Blockchain-Anwendungsmöglichkeiten und Best Practice Beispiele, von Ethereum-basierten Smart Contracts über Wiener Hotels, die Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren, bis hin zur populären Private Blockchain IBM Hyperledger.
Die Blockchain als Motor für den Handel
Auch Marcus Presich, Experte für digitale Plattformen, Analytics und Kryptowährungen bei der Raiffeisen Bank, ist vom Potenzial der Smart Contracts überzeugt. Der TU Wien Absolvent referierte in seinem Deep Dive über die spannendsten Anwendungsmöglichkeiten im FinTech-Bereich, etwa syndizierte Kredite, Trade Finance und Supply Chain Tracing. "Via Blockchain-Technologie könnte aber auch die branchenübergreifende Authentifizierung von Kunden effizienter gelöst werden. Das bekannte R3 Konsortium entwickelt derzeit übrigens eine eigene proprietäre Blockchain, bei der bereits mehr als 100 Banken partizipieren und an verschiedensten Use Cases forschen", so Presich. Der Tech-Banker rechnet fix damit, dass die Blockchain innerhalb der nächsten fünf Jahre ihr volles Potential entfalten wird.
Wir brauchen eine smarte Regulierung
Blockchain: Zwischen Hype und Realität? Diese Frage stand im Zentrum einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion, bestehend aus Magdalena Isbrandt (Bit-Trust Store), Alfred Latschenberger (Neverland Invest), Christian Piska (Universität Wien), Arthur Stadler (Stadler Völkel Rechtsanwälte) und Max Tertinegg (Coinfinity).
Magdalena Isbrandt, Betreiberin des weltweit ersten Bitcoin Stores "House of Nakamoto" in Wien, erläuterte die Vorzüge von Bitcoin & Co im Vergleich zu Fiat-Währungen und plädierte für eine europaweite Harmonisierung von Regulatorien, denn "rechtliche Grauzonen sind weder für Unternehmen, noch Startups oder Endkunden förderlich".
Alfred Latschenberger, einst selbst als Banker und heute als Investmentberater mit Fokus auf Initial Coin Offerings (ICOs) tätig, forderte hingegen keine Regulierung im klassischen Sinne, sondern eine Legalisierung von Kryptowährungen. "Insbesondere bei ICOs besteht Handlungsbedarf, denn 90% davon dienen heute eigentlich lediglich der Bereicherung einiger weniger", so der Betreiber einer eigenen Mining-Farm in Österreich.
Universitätsprofessor und Technikfreak Christian Piska, Experte für öffentliches Recht sowie Wirtschafts-, Umwelt und Europarecht, beschäftigt sich schon seit Jahren mit regulatorischen Ansätzen für neue Technologien. "Kryptowährungen sind ja eigentlich keine Währungen, sondern Güter. Eine Kryptowährung entsteht durch Mining und massive Investitionen, und am Ende entsteht ein Produkt, das gegen andere Produkte getauscht werden kann. Das sieht auch die EU mittlerweile so – der Charakter von Bitcoin als Produkt wird in den Vordergrund gerückt", so der Mitgründer der Initiative smartblockchain.at. "Wir brauchen eine zurückhaltende Regulierung, also eine Smart Regulation. Im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2018 können wir einiges tun, um die EU-weite Harmonisierung voranzutreiben."
Arthur Stadler, dessen Anwaltskanzlei Stadler Völkel u.a. HEROcoin, den ersten ICO Österreichs, mitbetreut hat, bekundete ebenfalls Handlungsbedarf bei der Regulierung von Kryptowährungen, fokussierte allerdings auf die positiven Effekte der neuen Technologie. "ICOs schaffen neue Möglichkeiten, z.B. Equity Tokens oder Utility Tokens. Die Unternehmensfinanzierung wird damit wesentlich leichter", so der Jurist und Co-Autor von "Bitcoins".
"Seit Anfang 2017 gehen Bitcoin & Blockchain von den Nerds Richtung breite Masse", so Max Tertinegg, Geschäftsführer und Mitbegründer von Coinfinity. Vor Jahren hatte Tertinegg die ersten Bitcoin-Automaten Österreichs aufgestellt, die jüngsten Entwicklungen kommentierte der leidenschaftliche Gründer hingegen kritischer: "Ehrlich gesagt sind Bitcoin und andere Kryptowährungen derzeit nicht als Zahlungsmittel geeignet, da die Transaktionskosten mittlerweile sehr hoch sind. Aber die Technologie entwickelt sich rasant weiter, weshalb z.B. Bitcoin in wenigen Monaten sehr wohl wieder ein tolles Zahlungsmittel sein könnte - mit viel mehr Transaktionen pro Minute und viel geringeren Transaktionskosten."
„One Size Fits All“ funktioniert nicht mehr
Die disruptiven Veränderungen in Handel und Marketing standen im Fokus des Vortrags von Wolfgang Erlebach, Geschäftsführer beim Tech-Unternehmen Premedia. "Omnichannel Commerce ist einer der großen Trends. Es geht darum, Datensilos abzubauen und eine kanalübergreifende Customer Experience zu schaffen", so der langjährige Lektor der JKU Linz. "Auch Conversational Commerce, also Sprachsteuerung wie bei Amazon Alexa, ist in den USA bereits ein riesen Thema, das jetzt nach Österreich kommt." Fazit: One Size Fits All funktioniert heute nicht mehr. "Bei manchen Kunden müssen mehr als 200 Touchpoints bespielt, gleichzeitig muss aber auch immer mehr Content verwaltet werden, also mehr Bilder, mehr Videos, mehr Produkte, mehr Layouts."
Der Online Shift geht weiter – auch in Österreich
Berater-Urgestein Martin Unger, Partner bei Contrast EY, referierte über den aktuellen Entwicklungsstand und die zentralen Herausforderungen für heimische Unternehmen. "Wir schlafen beim Thema Digitalisierung. Länder wie Großbritannien oder China sind hier wesentlich weiter", warnte Unger, "durch die digitale Transformation werden viele Jobs verloren gehen, aber auch viele neue Jobs entstehen. Das Problem: uns fehlen qualifizierte Leute für diese neuen Jobs, etwa im IT-Bereich. Hinzu kommt ein immer stärkerer Wettbewerbsdruck durch global agierende digitale Herausforderer." Die entscheidende Frage: Lernen die Digital Heroes schneller Retail, oder die klassischen Retailer schneller Digital? Derzeit scheinen erstere im Vorteil zu sein. Ungers Ratschlag: "Wir müssen Retail völlig neu denken und das Vertriebsmodell völlig neu aufstellen – darum geht’s heute. Das Denken in kleinen Schritten war gestern! Denken Sie in großen Schritten und großen Veränderungen."
„AI can help to better understand Customers”
Im Deep Dive Vortrag über Customer Intelligence behandelte Chatbot-Expertin Natalie Korotaeva vom AI Startup craftworks die unzähligen neuen Geschäftsmodelle und -möglichkeiten durch innovative digitale Devices und Services. Das Sammeln von Kundendaten sei heute überhaupt kein Problem mehr, entscheidend sei aber, was man aus diesen Daten macht, also der Kundennutzen. Korotaeva gab spannende Praxiseinblicke in ihre Arbeit als UX/UI Engineer, wobei die Palette von Chatbots und Facebook Messenger Marketing bis Influencer Marketing und die Macht von Data Analytics Plattformen reichte. "Daten sind heute entscheidend. Ihre Aufbereitung und Analyse ermöglicht zeitbasierte Vorhersagen, Klassifikationen, Regressionen, Korrelationen und Segmentierungen – die Grundlage für hochpersonalisierte Angebote", ist die Kuratorin der heimischen Chatbot Community und Leiterin des Facebook Developer Circle in Wien überzeugt.
Austrian Retail Innovation Awards:
Elbenwald & Phizzard, Billa, Unimarkt und Expert ausgezeichnet
Mit den Austrian Retail Innovation Awards zeichnete der Handelsverband gemeinsam mit der studentischen Unternehmensberatung Icons zum zweiten Mal herausragende und innovative Lösungen im Handelsbereich aus. Aus rund 30 Einreichungen wurde eine Shortlist der besten Projekte erstellt und 12 Unternehmen für den Award nominiert. Die Sieger waren durch eine hochrangige Jury – bestehend aus den Mitgliedern des Ressorts Innovation im Handel unter Vorsitz von Business Angel Werner Wutscher – ermittelt worden:
Best Instore Solution
Elbenwald + Phizzard (Virtuelle Regalverlängerung)
Best Mobile Solution
Billa (360° Kommunikation mit 4 Apps)
Best Online Solution
Unimarkt (der smarte Online-Shop)
Best Omnichannel Solution
Expert (Omnichannel Solution für 170 heterogene Shops)
"Die Herausforderungen in unserer Branche sind in Zeiten des digitalen Wandels enorm. Die Qualität der eingereichten Projekte zeigt jedoch, dass sich der Handel dessen bewusst ist und innovative Konzepte immer stärker in die Geschäftsmodelle integriert werden", so Rainer Will, Initiator der Austrian Retail Innovation Awards.
Mitarbeiter bleiben ein ganz entscheidender Faktor
Eines der absoluten Highlights der TTH2017 war die Keynote von Kerstin Neumayer. Die Vorstandsvorsitzende von MERKUR erläuterte ihre Vorstellungen des real-digitalen Marktplatzes von morgen. "Der Handel ist ständig im Wandel. Früher war der persönliche Kontakt sehr wichtig, dann hat das Thema Selbstbedienung den Handel quasi revolutioniert. Heute müssen Händler, die erfolgreich sein wollen, auf Omnichannel setzen. Sowohl die Bedienung im Shop und das persönliche Service als auch die Verknüpfung sämtlicher digitalen Vertriebskanäle – das verstehen wir unter real-digitaler Marktplatz", so die Top-Managerin. MERKUR gilt als Vorreiter und Innovator im heimischen Handel, hat bereits die Hälfte seiner Märkte mit Self-Checkout-Kassen ausgestattet, testet aktuell die iBeacons Technologie in 15 Filialen und hat mit der Anschaffung von drei humanoiden Pepper-Robotern für Aufsehen gesorgt. Aber: "Der Kunde will auch in Zukunft absolut nicht auf die persönliche Beratung verzichten, Mitarbeiter bleiben ein ganz entscheidender Faktor."
Best Practice #1: Modern Talking M2M
Die anschließenden Best Practice Einheiten wurden von Werner Kraus, Senior Vice President Business & Wholesale bei T-Mobile Austria, eingeleitet. Der Experte für Telekommunikation, Business Development und Marketing fesselte die Besucher u.a. mit seinen spannenden Ausführungen zur Machine-to-Machine Lösung bzw. den vollautomatisierten ORSYmat Ausgabeautomaten für Ge- und Verbrauchsartikel von T-Mobile und Würth: "Mit unserer Multichannel-Vertriebslösung kann der Status der Automaten dank direkter Kommunikation mit dem Warenwirtschaftssystem jederzeit überprüft werden und der Kunde hat immer unser aktuelles Angebot zur Verfügung."
Best Practice #2: Empowering Digital Transformation in Retail
Mark Winkler, der in seiner beruflichen Laufbahn bereits bei den ganz Großen der internationalen Tech-Szene tätig war und heute das Business Development bei Kapsch leitet, sprach über seine Top 5 Key Findings der digitalen Transformation: Business Modeling (BIZ / ICT), Geschwindigkeitsmanagement, Komplexitätsreduktion, Unbundling (agile, zielgerichtete Lösungsentwicklung), und Top-Town-Ansätze. "Sie können 5.000 Technologien am Teller serviert bekommen, doch die Zeiten einer einzigen Technologie sind längst vorbei. Entscheidend ist immer das Lösungsmodell bzw. die Lösungsarchitektur. Also was will ich lösen, was soll der konkrete Nutzen sein?"
Best Practice #3: Flatrate-Shopping für Trendsetter
Die Industrie produziert Monat für Monat hunderte neue Artikel für den Handel. Der Konsument ist jedoch ein Gewohnheitstier und kauft meistens Dinge, die er bereits kennt. Neue Produkte haben es daher oft schwer, am Markt Fuß zu fassen. Dieses bekannte Problem war die Grundlage einer innovativen Geschäftsidee von Christian Lengauer, Eigentümer des Weekend Verlags: "Wir haben beschlossen, einen Powersampler mit Real-Life-Marktforschung zu entwickeln. Wir bieten registrierten Mitgliedern eine Auswahl von Markenartikeln zu einer monatlichen Flatrate von 9,90 Euro in unserem Weekend Supermarkt in Wien an. 20 Produkte können pro Monat bezogen werden. Unsere Mitglieder können freiwillig Feedback zu Produkten geben und bekommen im Gegenzug Gutscheine für zusätzliche Produkte." Mittelfristig hat Lengauer eine Expansion des heuer gestarteten Flatrate-Shoppings in weitere Bundesländer geplant.
Best Practice #4: The Future of Business Matchmaking
Ein Netzwerk von mehr als 14.400 CEOs aus 113 Ländern und ein Geschäftsvolumen von über 81 Milliarden US-Dollar – die Zahlen der internationalen Business Matchmaking Plattform Opportunity Network (ON) sind schlicht beeindruckend. Umso stolzer sind wir, dass Albert Miquel, Account Director von ON, bei der TTH die kürzlich beschlossene strategische Partnerschaft zwischen Handelsverband und Opportunity Network verkündete – erstmals in Österreich. Opportunity Network gilt als DIE Community für ausgewählte CEOs und private Investoren, und zielt darauf ab, das globale Wirtschaftswachstum durch den Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen zu fördern. "Die ON-Mitglieder vernetzen sich direkt mit umsetzbaren Geschäfts- und Investitionsmöglichkeiten von der Frühphasenfinanzierung über M&A bis hin zu kommerziellen Partnerschaften und Joint Ventures – sowohl im Inland als auch weltweit. Alle ON-Mitglieder werden von renommierten Finanzinstituten, professionellen Dienstleistungsunternehmen und Verbänden weltweit geprüft, darunter die London Stock Exchange Group, die Citizens Bank und die Caixabank", erklärte Miquel.
Jede neue Technologie verändert auch die Erwartungen und Handlungen der Kunden
Im Rahmen des zweiten Podiums der Technologie treibt Handel diskutierten Tarek Besold (City, University of London), Harald Dutzler (PwC Strategy&) und Gert Seidl (BMI – Bundeskriminalamt) über das Themenspektrum Künstliche Intelligenz bis Internet of Things: Schöne Neue Welt?
KI-Forscher Tarek Besold erklärte die Unterschiede zwischen Künstlicher Intelligenz, Machine Learning und Deep Learning, ehe er auf die derzeitigen Grenzen der Technologie näher einging: "Selbstlernenden Systeme, die in der Praxis wirklich autonom funktionieren, gibt es de facto noch nicht. Vieles muss heute noch hard gecoded werden. Selbstlernende Systeme funktionieren aktuell vielleicht im Börsenhandel, ansonsten ist das aber noch sehr theoretisch und liegt noch ca. fünf bis zehn Jahre in der Zukunft." Vielversprechend bewertet er hingegen die bereits verfügbaren Möglichkeiten der Personalisierung und individualisierten Kundenansprache im Handel. Sein Fazit: "Wir können Teilbereiche automatisieren, aber den Menschen als Erfolgsfaktor nicht vollständig ersetzen."
Harald Dutzler, Partner bei der Strategieberatung von PwC und Experte auf dem Gebiet der technologiegetriebenen Veränderungen im Handel, nannte acht essenzielle Technologien, die in den nächsten fünf Jahren Marktreife erreichen und den Handel revolutionieren könnten: Künstliche Intelligenz, IoT, Big Data, Robotics, Drohnen, Blockchain, Augmented bzw. Virtual Reality, sowie 3D Printing. Aber: "In vier Jahren könnten schon wieder ganz andere Themen gehypt sein, welche die Digitalisierung in eine völlig andere Richtung treiben. Sicher ist nur, dass all diese Technologien die Erwartungen und Handlungen der Kunden verändern. Kein Unternehmen kann alle Technologien gleichzeitig umsetzen, daher geht es darum, gezielt jene zwei bis drei Technologien auszuwählen, bei denen wirklich Kundenmehrwert generiert werden kann."
IT-Sicherheitsprofi Gert Seidl, seit 2014 Referatsleiter im Cyber Crime Competence Center (C4) des BKA und Handelsverband-Partner im Rahmen der gemeinsamen Initiative GEMEINSAM. SICHER BEIM EINKAUFEN, fokussierte auf die negativen Auswirkungen innovativer neuer Technologien. "Jede neue Technologie wird nicht nur für das Gute eingesetzt, sondern natürlich auch von Kriminellen, um Gewinne aus illegalen Aktivitäten zu steigern. Daher ist es für alle Behörden und insb. die Polizei ganz wichtig, hier ständig am Laufenden zu bleiben und neue Technologien zu beherrschen." Insbesondere Online-Betrugsfälle und Ransomware-Angriffe seien zuletzt massiv angestiegen, weshalb es auch beim Thema IoT ganz entscheidend sei, das Thema Sicherheit mitzudenken.
Innovation Session #1: Chatbots als Treiber der Digitalisierung einer Versicherung
2,4 Milliarden Menschen weltweit verwenden heute Chatprogramme oder Messenger-Plattformen. Mit der steigenden Popularität von WhatsApp, WeChat und Facebook Messenger gewinnt auch das Thema Chatbots stetig an Bedeutung. Max Unger, Partner der Tech-Schmiede TheVentury und Direktor von Elevate, dem ersten Chatbot-Accelerator Europas: "Die aktuelle Relevanz von Chatbots kommt daher, dass sich die Menschen in ihren Nutzungsgewohnheiten verändern. Heute sind Chatbots über die großen Plattformen einen breiten Masse an Endkunden zugänglich. Auch Tools wie Alexa eröffnen neue Anwendungsmöglichkeiten. Das maschinelle Sprachverständnis entwickelt sich rasant, die Entwicklung ist aber noch lange nicht am Ende."
Warum das traditionsreiche Unternehmen UNIQA von TheVentury einen eigenen Chatbot entwickeln lässt, erklärte Thomas Marek, Product Owner Digital Strategy: "Chatbots sind gerade im Versicherungswesen spannend. Unsere Kunden müssen künftig nicht mehr auf die Website gehen oder eine eigene App installieren, sondern sie können alle versicherungsrelevanten Fragen direkt mit dem Chatbot klären. Immer mehr Menschen wollen heute schlicht nicht mehr mit Beratern reden, die wollen lieber unkompliziert mit Chatbots kommunizieren." Der Soft Launch des neuen UNIQA Chatbots soll in wenigen Wochen folgen, im Jänner folgt dann der große Rollout.
Innovation Session #2: Die Zukunft des Handels aus Kundensicht
Den krönenden Abschluss einer ebenso spannenden wie intensiven TTH 2017 bildete die Innovation Session von Christian Kittl, Managing Director von evolaris. Das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen betreibt u.a. in Graz ein Lab, in dem die Akzeptanz neuer Technologien getestet werden kann. Im Vortrag präsentierte Kittl aktuelle Zahlen einer Online-Befragung zu Zukunftsthemen anhand von fünf konkreten Anwendungsszenarien: Automatisches Bezahlen, Pepper der humanoide Roboter, Chatbots, die smarte Kaffee-Box mit automatischer Nachbestellung, sowie Augmented Reality. "Fast 40% der Befragten können sich die Nutzung von Augmented Reality sehr gut vorstellen, rund ein Drittel automatisches Bezahlen, immerhin 20% das Pepper-Szenario und rund 10% Chatbots und die Kaffee-Box." Tendenziell seien Männer eher offen für neue Technologien.
Moderator Rainer Will bedankte sich zum Abschluss der Veranstaltung nochmal bei den Kooperationspartnern sowie den zahlreichen Besuchern. Nach dem offiziellen Teil der TTH 2017 blieb den Gästen noch ausreichend Zeit für ausgiebiges Networking. So ging das jährlich stattfindende Top-Branchenevent stilvoll zu Ende.