Alle Geschäfte wieder geöffnet. Erste Bilanz des Comebacks vorsichtig positiv. Wetter führt zu guter Frequenz, Umsätze noch verhalten.
"Tag des Handels" bringt Umsatz-Einmaleffekt. Nachhaltiger Konsumeffekt braucht vorgezogene Steuerreform und "Digitalsteuer neu".
Nach dem gestrigen "Tag der Arbeit" ist heute zweifelsohne der "Tag des Handels", denn seit heute dürfen alle Geschäfte in Österreich wieder offenhalten. Auf den wochenlangen Corona-Shutdown zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung müssen nun entsprechende Maßnahmen folgen, um ein gesundes Wirtschaftssystem wiederherzustellen. Doch wie lautet die erste Bilanz des österreichischen Handels und wie gestaltet sich das Kaufverhalten der Österreicherinnen und Österreicher am 2. Mai?
Erste Bilanz des österreichischen Handels: viel Frequenz, überschaubare Umsätze
Schon das frühmorgendliche Verkehrsaufkommen in den Ballungszentren ließ die heimischen Händler heute auf zahlreiche Kunden hoffen, und sie sollten nicht enttäuscht werden. Das sonnige Wetter begünstigte vor allem Innenstadtlagen und Einkaufsstraßen, viele Bezirksstädte meldeten gute Frequenzen. Selbiges gilt auch für Fachmarktzentren und Shoppingcenter. Die Frequenz hielt bis zum späten Nachmittag relativ stabil an, gegen Ladenschluss lichten sich nun die Reihen.
Wie erwartet kam es zu Schlangenbildungen vor den Friseursalons, aber auch in den Möbel-, Textil- und Elektrogeschäften sowie in vielen Buchhandlungen war der Andrang größer als erwartet, wenngleich die tatsächlichen Umsätze vielerorts überschaubar blieben. Hinzu kommt, dass einige Frequenzbringer aus dem Textilbereich erst ab 4. Mai wieder aufsperren.
Regionale Unterschiede im Kaufverhalten der Österreicher
Eine vom Handelsverband in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Mindtake durchgeführte Blitzumfrage zeigt, dass 16% der ÖsterreicherInnen heute (am 2. Mai) shoppen gehen. Am konsumfreudigsten ist dabei die Gruppe der 30-39-Jährigen, von denen rund ein Viertel heute auf Schnäppchenjagd geht. Die älteren ÖsterreicherInnen über 60 Jahre sind durch die Bank zurückhaltender, lediglich 7% hatten heute einen Einkauf geplant.
Der Bundesländervergleich sieht wie folgt aus:
- Vorarlberg (27% gehen heute shoppen)
- Salzburg (19%)
- Wien (19%)
- Burgenland (18%)
- Steiermark (15%)
- Niederösterreich (14%)
- Oberösterreich (13%)
- Tirol (11%)
- Kärnten (10%)
Die Ergebnisse der Blitzumfrage haben sich durch die ersten Bilanzen aus den Bundesländern weitgehend bestätigt.
Verstärktes regionales Kaufverhalten in Corona-Krise nachgewiesen
Spannend: Mehr als die Hälfte der ÖsterreicherInnen (51%) kauft seit der Corona-Krise verstärkt regional. Insbesondere die jungen Konsumenten (18-29 Jahre) legen einen großen Fokus auf den regionalen Einkauf, 58% kaufen seit der Krise verstärkt bei heimischen Anbietern ein. Auch die Käufergruppe 60+ legt mit über 52% ein solidarisches Kaufverhalten an den Tag.
Im Bundesländervergleich liegen die Tiroler (72%) an der Spitze des Regionalität-Trends, dicht gefolgt von Kärnten (67%), der Steiermark (57%), Vorarlberg (50%), Wien (50%) und Niederösterreich (49%). Auf den Plätzen folgen Oberösterreich (43%), Salzburg (37%) und das Burgenland (35%).
Jeder achte Österreicher beschränkt sich jetzt auf den Kauf lebensnotwendiger Güter
Was das generelle Einkaufsverhalten während der Corona-Pandemie betrifft, geben 57% der Österreicher an, dass sie nicht mehr oder weniger ausgeben als vor der Krise. 21% wollen etwas weniger ausgeben, 12% werden sich während der Krise auf den Kauf lebensnotwendiger Güter beschränken, damit gibt jeder Dritter deutlich weniger in der Krise aus.
"Alle österreichischen Händler dürfen heute ihr Comeback nach dem Corona-Shutdown feiern. Nur gemeinsam kann es zu einem Erfolg werden. Die Gastronomie fehlt dem Handel in den nächsten beiden Wochen, und beiden fehlt natürlich der Tourismus. Daher hoffen wir, dass die ÖsterreicherInnen jetzt regionaler denn je kaufen", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
Wann, wenn nicht jetzt? Vorgezogene Steuerreform & Einführung der Plattformhaftung
Die guten Frequenzen am ersten Tag der kompletten Geschäftsöffnung lassen jedenfalls einen Umsatz-Einmaleffekt erwarten. Immerhin sind aktuell mehr als 588.000 Menschen in Österreich arbeitslos und weitere 1,2 Millionen in Kurzarbeit, d.h. diese Verbraucher müssen jetzt mit deutlich weniger Einkommen auskommen.
Hier gilt angesichts der akuten Liquiditätskrise in Österreich: Jeder Konsument und jeder Euro in der Kassa zählt, weil die staatlichen Unterstützungen in vielen Fällen noch nicht bei den Betrieben angekommen sind.
"Der Politik empfehlen wir Händler daher ein Vorziehen der bereits paktierten Steuerreform. Durch eine Tarifsenkung bei der Lohnsteuer im ersten Schritt würde der Bevölkerung mehr Geld im Börsel bleiben. Damit könnte vor allem die Kaufkraft der Geringverdiener zum goldrichtigen Zeitpunkt stabilisiert werden", fordert Rainer Will.
Lenkungspolitisch sinnvoll und ein absolutes "Must" ist darüber hinaus eine "Digitalsteuer Neu" in Form einer Plattformhaftung. Nur so können wir Fairplay sicherstellen – indem entgangene Mehrwertsteuern, Fake-Produkte und Verpackungsgebühren finanziell ausgeglichen werden.
Großbritannien hat den Schritt bereits 2016 gesetzt und alleine bei der Mehrwertsteuer eine Milliarde Pfund an Mehreinnahmen verzeichnet – ohne negative volkswirtschaftliche Auswirkungen. In Österreich würden dem Finanzminister damit rund 300 Millionen Euro im Geldbörsel bleiben.