15 Mrd. Corona-Notfallfonds: Händler fordern direkte Eigenkapital-Spritzen statt weitere Kreditverschuldung

Gefahr der Verschlechterung der Bilanzen, da bankbasierte Vorfinanzierung für Gehälter & Co bereits über Fremdkapital erfolgen muss. Zukunftsplan für schrittweise Öffnung im Non Food Handel erforderlich.

Wien, 30.03.2020 – Das Corona-Virus stellt die ganze Welt vor völlig neue Herausforderungen. Die weitreichenden Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie in Österreich, u.a. die angeordneten Betriebsbeschränkungen im Non-Food Handel, haben ganz erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Gebarung des 15 Mrd. Euro Nothilfefonds für heimischen Handel entscheidend

Eine entscheidende Rolle bei der unmittelbaren Unterstützung direkt betroffener Branchen wie des Handels oder der Gastronomie nimmt dabei der 15 Milliarden Euro schwere Nothilfefonds ein. Dieser soll laut Bundesregierung sowohl Kredite als auch Zuschüsse bereitstellen, um die dringend notwendige Liquidität der Betriebe zu sichern.

Da sich die Kapitalsituation sowohl bei den heimischen KMU als auch bei den großen, beschäftigungsintensiven Unternehmen, die von den derzeitigen Sperren betroffen sind, zunehmend verschlechtert, hoffen die Unternehmen, dass die in Aussicht gestellten Staatsgarantien für alle Unternehmensgrößen bis Ende der Woche zur Verfügung stehen.

Kombinationsinstrument problematisch für vom Shutdown betroffene KMU und Konzerne

Das geplante Kombinationsinstrument des Nothilfefonds beinhaltet den Nachteil, dass im ersten Schritt 100% Fremdkapital aufzunehmen ist. D.h. jene Händler, die bereits seit mehr als zwei Wochen keinerlei Umsätze machen und zuletzt im besten Falle durch weitere Fremdkapitalaufnahme die Gehälter, Mietkosten und laufenden Fixkosten begleichen mussten, sind gezwungen, erneut die Fremdkapitalquote zu erhöhen, indem primär neue Schulden aufzunehmen sind.

Erst im zweiten Schritt kann die Umwandlung in einen bis zu 75%igen Zuschuss erfolgen. Sollte dies tatsächlich so kommen, ist darauf zu achten, dass seitens der Regierung klargestellt wird, dass keine persönlichen Haftungen als Bedingungen vorgegeben werden, da sonst das Risiko der Unternehmen langfristig auf die Privatpersonen übertragen wird. Dorthin darf sich der Effekt der Coronakrise keinesfalls verlagern, sonst befeuert dies die existenziellen Herausforderungen der Unternehmer weiter. Darüber hinaus ist für alle Betroffenen derzeit völlig ungewiss, welchen Kriterien (z.B. Unternehmensgröße, verbundene Unternehmen, Beschäftigungsanzahl, etc.) für die Umwandlung berechtigen. Wir ersuchen hierzu um baldige Klarstellung.

Handel fordert Direktzuwendungen aus Nothilfefonds statt Umweg über Kredite

Es darf nicht sein, dass jene Handelsbetriebe, die offenkundig auf krisenbedingten Fixkosten ("Sunk Costs") für Miete und Personal sitzen, jetzt einzeln um Kredite ansuchen müssen, die möglicherweise erst viel später unter bestimmten Kriterien in Zuschüsse umgewandelt werden. Dadurch würde die Kapitalqualität der Unternehmen weiter leiden und die Verschuldung steigen.

"Jetzt kann das Instrument noch angepasst werden, daher gilt es das auch klar und deutlich im Sinne aller Unternehmen – vom KMU bis zum Konzern – anzusprechen. Die betroffenen Betriebe brauchen jetzt Direktzuwendungen. Alles andere würde zu einer Ausweitung bestehender oder neuer persönlicher Haftungen führen und bewirken, dass sich die Krisenkosten der Pandemie auf Privatpersonen verlagern", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will im Namen des HV-Präsidiums.

Vor diesem Hintergrund fordert der Handelsverband von der Bundesregierung, laufende Kosten wie Miete, Strom, Versicherung, EDV, Telefon, usw. für nicht benutzbare Geschäftslokale als krisengeschuldete Kosten ("Sunk Costs") zu definieren und dafür direkte Entschädigungen vorzusehen – nachdem das Epidemiegesetz betreffend der Corona-bedingten Schließung von Betriebsstätten nicht mehr gültig ist, das für unmittelbar betroffene Unternehmen eine Entschädigung erlittener Vermögensverluste vorgesehen hatte. Von der Krise direkt betroffene Händler müssen daher auch direkte Zuwendungen erhalten – ohne Umwege über weitere Kredite.

Handelsverband empfiehlt strukturierten Zukunftsplan für schrittweise Öffnung, wenn gesundheitliche Kriterien erfüllt sind und Spielregeln eingehalten werden

Immer mehr wird absehbar, dass sich die Corona-Krise auch zeitlich ausweiten wird. Daher appelliert der Handelsverband an die politischen Entscheidungsträger, bereits jetzt einen möglichst konkreten Ablaufplan für die schrittweise Öffnung des Non Food-Handels nach dem Corona-Peak auszuarbeiten. Neben der Gesundheit der Bevölkerung als höchstes Gut ist es wesentlich, sobald die Kurve abflacht, auch die bereits gesetzten Maßnahmen der Regierung (Maskenpflicht, Einhaltung des Mindestabstandes, etc.) einzubeziehen, die ja zum Zeitpunkt der Schließung am 16. März noch nicht gelebt wurden.

Zur Abfederung der ökonomischen Folgen braucht es eine rechtliche Klärung, wann die angeordneten Betriebsbeschränkungen – schrittweise – aufgehoben und welche Produkte in den jeweiligen Geschäften verkauft werden dürfen, damit sich die Händler, die von Schließungen betroffen sind, entsprechend vorbereiten können. Viele Non-Food Händler, von den Baumärkten über den Elektrohandel bis hin zum Pflanzen- und Blumenhandel, aber auch Fachmärkte leisten mit ihrem Angebot einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung der Bürger mit notwendigen Produkten für die Grundversorgung des täglichen Bedarfs sowie zur Versorgung gewerblicher Kunden (z.B. Handwerker).

Heute den Rahmen für die künftige schrittweise Ladenöffnung der 40.000 Händler im Non-Food Handel planen, die komplett geschlossen wurden

Der Handelsverband ist sich der außerordentlichen Dimension der Corona-Krise für das Leben der Handelsmitarbeiter und der österreichischen Konsumenten gleichermaßen bewusst. Gesundheit ist das schützenswerteste Gut überhaupt, und jedes wirtschaftliche Interesse hat sich diesem Schutzgedanken unterzuordnen. Dementsprechend sind alle Händler bereit, außerordentliche Anstrengungen zur Reduktion des Infektionsrisikos in ihren Geschäften zu leisten. Dies umfasst etwa den kontrollierten Zugang zu den Geschäften, die Ausgabe von MNS-Masken, Abstandsgrenzen und Plexiglasumrandungen an den Kassen, sowie eine regelmäßige Desinfektion der Einkaufswägen.

Dem Handelsverband ist bewusst, wie schwierig die aktuelle Situation für alle ist – insbesondere auch für die politischen Entscheidungsträger, denen für ihr unermüdliches Engagement und ihre hervorragende Krisenkommunikation zu danken ist. Doch nun muss Geld fließen, um Arbeitsplätze zu retten und den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern.

"Wir alle sollten danach trachten, die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, die so vielen Menschen existenzielle Sorgen bereiten, ebenso konsequent abzufangen. Natürlich immer unter der Prämisse, dass die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher oberste Priorität hat. Die Unternehmer haben Verständnis für die erforderlichen Schritte der Politik, daher braucht es jetzt auch klare Signale, dass die Politik die Situation der Unternehmer verstanden hat, die sich täglich verschärft", so Rainer Will abschließend.

Kontakt

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mag. Gerald Kühberger, MA
Communications Manager
gerald.kuehberger@handelsverband.at
+43 (1) 406 22 36-77