Erste Bilanz nach Aus für 22 Euro Freigrenze: Paketvolumen aus China und anderen Drittstaaten nach Österreich um 50 Prozent gesunken.

Europäische Kunden & Händler profitieren von mehr Steuerfairness und weniger Fake-Produkten. Regelung bringt 2021 steuerliche Mehreinnahmen von rund 35 Millionen Euro in Österreich.

Wien, 29.09.2021 - Mehr als sechs Jahre lang hat sich der Handelsverband vehement für das Aus der 22 Euro MwSt-Freigrenze eingesetzt - sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene über den Dachverband "Ecommerce Europe". Der lange Kampf hat sich ausgezahlt: Seit 1. Juli 2021 fallen auch Paketsendungen aus Drittstaaten, deren Wert unter 22 Euro liegt, unter die Einfuhrumsatzsteuer. Seither ist das Paketvolumen aus Drittstaaten, insbesondere aus China, um rund 50 Prozent zurückgegangen.

"Die Abschaffung der 22 Euro Freigrenze war ein ganz entscheidender Schritt für mehr Fairness im europäischen Onlinehandel. Die Zahlen sprechen für sich, die Zahl der Pakete aus Asien hat sich in Österreich innerhalb von nur 3 Monaten halbiert. Finanzminister Blümel darf sich heuer auf Mehreinnahmen von rund 35 Millionen Euro freuen", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Europäische Union erwartet in 2022 steuerliche Mehreinnahmen von bis zu 5 Milliarden Euro

Bereits 2015 hatte der Handelsverband als erste Organisation die bewusste Falschdeklaration von Kleinsendungen durch chinesische Onlinehändler aufgedeckt. Dutzende Testbestellungen bei Plattformen wie AliExpress oder Wish wurden durchgeführt. Allein im Vorjahr belief sich das Schadensausmaß europaweit auf mehr als 7 Milliarden Euro. Mehr als 600 Millionen Pakete gelangten über chinesische Versandhändler in die Europäische Union - 97% davon gänzlich zoll- und mehrwertsteuerfrei, weil sie teilweise bewusst falsch deklariert wurden.

Im Juli 2021 konnte dieses kriminelle Massenphänomen endlich gestoppt werden. Seither müssen alle Pakete aus Drittstaaten ab dem ersten Cent versteuert werden. Die EU erwartet dadurch heuer zusätzliche Einnahmen von rund 3 Milliarden Euro, 2022 könnten die steuerlichen Mehreinnahmen trotz rückläufiger Paketvolumina auf bis zu 5 Milliarden Euro steigen.

Erfolgreicher Schulterschluss von Finanzministerium, Post und Handelsverband

Im Schulterschluss mit dem Finanzministerium und der Österreichischen Post hatte der Handelsverband im Vorjahr ein Maßnahmenbündel sowie Schwerpunktkontrollen vereinbart, um mehr Fairplay im Onlinehandel sicherzustellen. Durch eine verstärkte Zusammenarbeit wurden etwa Importe von Kleinsendungen aus Drittländern vom Zoll stärker ins Visier genommen.

Das gemeinsame Ziel? Die Interessen der österreichischen bzw. europäischen Unternehmen besser zu schützen und gezielt gegen vorsätzliche Unterfakturierungen (als Geschenke deklarierte Sendungen; Angabe falscher Herkunftsländer; verbotene und beschränkte Waren) vorzugehen.

"Jahrelang hat die 22 Euro-Steuerfreigrenze den österreichischen Handel massiv benachteiligt und den heimischen Konsumentinnen und Konsumenten tonnenweise Fake-Produkte gebracht. Damit ist jetzt endgültig Schluss, und das ist gut so. Wir bedanken uns beim Finanzministerium, dem Zoll und der Post für die ausgezeichnete Zusammenarbeit", so Will im Namen der österreichischen Händlerschaft.

Nächster Schritt: Plattformhaftung für Verpackungsentpflichtungen & Fake-Produkte dank IOSS sofort umsetzbar

Um langfristig ein level playing field mit großen Plattformen wie Amazon zu erreichen, müssen diese globalen Marktplätze noch stärker in die Pflicht genommen werden. Der Handelsverband hat hierzu zwei Ansätze entwickelt, die einerseits den Verbraucherschutz vor Produktfälschungen und andererseits die Teilnahme von Drittstaaten-Händlern bei Sammel- und Verwertungssystemen betreffen.

Letzteres wäre ab sofort technisch möglich. Über den Import One-Stop Shop (IOSS) kann nicht nur die Umsatzsteuer für Einfuhr-Versandhandelsumsätze innerhalb der EU elektronisch erklärt und entrichtet werden. Darüber hinaus könnte über den IOSS nach der Erfassung der Steuernummer auch angegeben werden, bei welchem Entsorgungssystem innerhalb der EU der jeweilige Handelsbetrieb teilnimmt und seine Abfallgebühren bezahlt. Bei Falschangaben oder Nichtentrichten der Gebühren sollte künftig der Marktplatz für den Drittstaatenhändler haften.

Auch betreffend Produktfälschungen wäre eine Plattformhaftung bei nachweislichem Inverkehrbringen von Fake-Produkten essenziell, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Durch diese zwei Maßnahmen könnte man dem Vollzugsdefizit in beiden Bereichen gezielt entgegenwirken.

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