Ländervergleich der EU-Kommission bestätigt: Österreichischer Handel EU-weit am zweitstärksten reguliert. Handlungsbedarf
Branche muss im ersten Quartal Umsatzrückgang von -2,7% verkraften. Energiekostenzuschuss 2 überfällig. Händler helfen Händlern: Bundesweit 35.000 offene Stellen verfügbar.
Wien, 07.06.2023 - Der neue "Retail Restrictiveness Indicator" (RRI) der Europäischen Kommission bestätigt 2 zentrale Kritikpunkte, die der Handelsverband schon seit vielen Jahren thematisiert:
- Der Einzelhandel zählt zu den am stärksten regulierten Sektoren in der EU
- Im Ländervergleich der Kommission liegt Österreich auf dem vorletzten Platz. Nur in Frankreich ist die Überregulierung noch schlimmer ausgeprägt
Reformstau, Abgabenbelastung & Bürokratiedschungel gefährden Wettbewerbsfähigkeit
Der RRI ist ein zusammengesetzter Indikator, der die wichtigsten Bereiche der regulatorischen Anforderungen an Einzelhändler in der Union abdeckt. Er zielt darauf ab, die Komplexität und Vielfalt der rechtlichen Rahmenbedingungen in der EU zu erfassen. (Details siehe hier: https://lnkd.in/emnPjdxP)
"Der jüngste Ländervergleich der EU-Kommission bestätigt klipp und klar, dass der Einzelhandel in Österreich und Frankreich mit Abstand am stärksten reguliert ist. Der Reformstau, die Abgabenbelastung und der Bürokratiedschungel gefährden die Wettbewerbsfähigkeit und mittlerweile auch die Überlebensfähigkeit unserer Branche, es besteht unmittelbarer Handlungsbedarf", appelliert Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will an die Bundesregierung.
Anhaltender Personalmangel setzt Händlern zu
Der österreichische Handel kämpft aber nicht nur mit teilweise irrwitzigen Regulatorien, sondern seit mittlerweile zwei Jahren auch mit einem breitflächigen Arbeitskräftemangel. Bundesweit gibt es aktuell über alle Wirtschaftssektoren hinweg fast 230.000 unbesetzte Stellen, davon entfallen bis zu 35.000 auf den Einzel- und Großhandel. Der Handelsverband lädt daher am 13. Juni die HR- und Personalchefs der beschäftigungsintensivsten Händler des Landes zu einem brancheninternen Austausch, um die aktuelle Situation zu besprechen. Überdies läuft zurzeit eine Befragung der HV-Mitglieder, um den genauen Arbeitskräftebedarf aktuell einschätzen zu können. Tausende Handelsbetriebe suchen jedenfalls händeringend nach Personal und bieten auch allen von Schließungen betroffenen Arbeitskräften gerne einen neuen Job an.
"Unsere Branche ist in der Lage, Arbeitssuchende sofort unterzubringen. Unsere Initiative ‚Händler helfen Händlern‘ hat sich bereits während der Pandemie bewährt und diese Haltung ist auch in der gegenwärtigen Phase unser Motto", erklärt Will.
Möbelhandel verzeichnet in Q1 reales Umsatzminus von -18%
Allerdings muss auch die Bundesregierung in die Gänge kommen und den vor Monaten versprochenen Energiekostenzuschuss II endlich auf den Weg bringen. Die Zeit drängt, denn aktuell kämpft der gesamte Handel nicht nur mit hohen Energiekosten, sondern auch mit sinkenden Umsätzen – eine toxische Mischung. Im ersten Quartal 2023 sind die Handelsumsätze laut Statistik Austria real (inflationsbereinigt) um -2,7% gesunken. Der Möbelhandel musste in Q1 laut Berechnungen des Economica Instituts sogar ein reales Minus von -18% verkraften.
"In Richtung Bundesregierung sei gesagt, dass sowohl die verfehlte Arbeitsmarktreform, die hohe Kosten- und Abgabenbelastung, als auch der nach wie vor ausstehende Energiekostenzuschuss 2 zu nennen sind, wenn man die strukturellen Ursachen dieser Krise sucht. Der Ausblick muss realistisch getroffen werden: Die Kaufkraft ist nach wie vor durch die hohe Inflation gebremst, gleichzeitig rechnen sich die indexbasierten Kostenbelastungen immer stärker im Jahresverlauf durch. Daher müssen wir von weiteren Beschäftigungseffekten ausgehen", ist Rainer Will überzeugt.
"Umso wichtiger wäre es, dass die Bundesregierung die Zeichen der Zeit erkennt und Taten setzt. Der Handelsverband hat sowohl auf die drohenden Entwicklungen als auch auf die erforderlichen regulativen Schritte bis zuletzt hingewiesen. Leider sind die Maßnahmen bis dato ausgeblieben. Von allen Parteien braucht es jetzt ein klares Commitment für den volkswirtschaftlich so wichtigen Handel", so der Sprecher des Handels abschließend.