Einigung bei Geoblocking-Verordnung gefährdet heimische mittelständische Händler

Einigung bei Geoblocking-Verordnung gefährdet heimische mittelständische Händler
Reine Superstar-Regelung verletzt Recht auf Vertragsfreiheit und bringt unvorhersehbares Wechselwirkungs-Gefahrenrisiko mit anderen geltenden Regulatorien

Wien (OTS) - Die heute von der EU-Kommission verkündete Einigung bei der Geoblocking-Verordnung soll jedem Konsumenten innerhalb der EU das Recht geben, in jedem beliebigen europäischen Webshop einzukaufen. Die damit einhergehende de facto Verpflichtung der Händler zum Vertragsabschluss ("faktischer Kontrahierungszwang") widerspricht allerdings dem Recht auf Vertragsfreiheit, wonach jedes Handelsunternehmen selbst entscheiden darf, mit welchen Kundengruppen es kontrahieren möchte.

"Wir sprechen uns ganz klar für einen digitalen europäischen Binnenmarkt und eine Erleichterung des Cross-Border-Handels aus. Gerade deshalb sehen wir die Geoblocking-Verordnung so kritisch. In der vorliegenden Form ist sie eine reine Superstar-Regulierung, welche mit ihren überbordenden Regulierungen insbesondere KMUs in Ihrer Geschäftstätigkeit gefährdet. Letztere bilden 99% der europäischen Einzelhändler, von denen jedoch nur 8% Cross-Border-eCommerce betreiben", so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

Als eine der ersten Organisationen Europas und bis zuletzt, hatte sich der Handelsverband sowohl auf nationaler Ebene als auch im innereuropäischen Dialog mit anderen Mitgliedsstaaten für eine Entschärfung des Verordnungsentwurfes ausgesprochen und eine stärkere Berücksichtigung der Realitäten im Online-Handel gefordert. Aufgrund dieser Bemühungen war Österreich auch das einzige Land in der EU, dem der Ernst der Lage klargemacht werden konnte und das sich deshalb mit einem absoluten Veto gegen die Verordnung stellte.

"Die Geoblocking-Einigung des Trilogs ist ein herber Rückschlag für all jene mittelständischen Händler in der Europäischen Union, die den Mut und das Kapital aufbringen, ihre Produkte auch Online zu vertreiben. Die Verordnung wird die Dominanz globaler Online-Player insbesondere aus Drittstaaten zusätzlich befeuern und damit die problematische Marktkonzentration weiter verschärfen", ist Will überzeugt, der auch die extrem kurze Vorbereitungszeit von 9 Monaten bis zur Anwendung der Verordnung und den Sinn einer überschießenden Mitaufnahme von rein unternehmensbezogenen B2B-Geschäften in deren Anwendungsbereich vehement kritisiert.

Hintergrund: Die Regelungen der Geoblocking-Verordnung erhöhen in Kombination mit den anderen geltenden Gesetzesmaterien – wie etwa den Gewährleistungs- und Fernabsatzrechten – die Komplexität in der Einhaltung unverhältnismäßig. Dieser Effekt verschärft sich durch die in 27 EU-Staaten unterschiedlich ausgestalteten Gesetzesmaterien und führt zu Rechtsunsicherheiten, die vor allem für KMUs kaum zu stemmen sind und unabsehbare Wirkungen entfalten werden. In der Praxis werden die administrativen Kosten und Risiken steigen, die auf den Handel und die gesamte Wertschöpfungskette abgewälzt werden. Durch diese Rechtsunsicherheit und Kostenerhöhung wird der Konsument mittelfristig eine Reduktion der Anbieter- und damit Angebotsvielfalt erleben, die mit einem Rückzug der KMU einhergehen kann.

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