Gewerbeordnung entrümpeln, Betriebe entlasten

Handelsverband (Wien), 24.10.2016 – Österreichischer Handelsverband, Österreichische Hoteliervereinigung und Gewerbeverein haben ihre Mitglieder zur Gewerbeordnung befragt. Das Feedback erfolgreicher und erfahrener Unternehmer und Manager sollte ernst genommen werden. Realistisch betrachtet ist eine tiefgreifende Reform die Mindestanforderung, ein ganz neues Modell aber wohl die bessere Lösung.

Laut Umfrage des Handelsverbandes halten über 97% der befragten Händler die Gewerbeordnung für nicht zeitgemäß. „Fast 100 % Zweifel von erfahrenen Unternehmern und erfolgreichen Managern am Status-quo sind als klarer Auftrag zu verstehen, gemeinsam an einer Verbesserung zu arbeiten“, sieht Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch Handlungsbedarf.
 
57% befürworten einen Neustart mit nur wenigen reglementierten Gewerben. 40% sprechen sich für mehr Spielraum und Anpassungen bei der bestehenden Gewerbeordnung aus. „Wir reden von einem Gesetz, das von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung längst überholt wurde. Ergebnisorientiert über die Reformierung einer Gewerbeordnung zu reden die über 150 Jahre alt ist, sollte kein Sakrileg sein, sondern die Plicht jedes verantwortungsvollen Managers – egal ob in der Privatwirtschaft oder auf politischer Ebene“, so Mayer-Heinisch.

Bestätigt wird die Skepsis durch die – durchaus vergleichbaren – Ergebnisse der Mitgliederbefragungen von Hoteliervereinigung und Gewerbeverein: „Die Belastung durch die Gewerbeordnung spüren die verschiedenen Branchen unterschiedlich stark. Der Ruf nach einer echten Reform ist jedoch branchenübergreifend.“

Schluss mit Mehrfachmitgliedschaften
Vier von fünf Handelsunternehmen halten mehr als einen Gewerbeschein. Jeder dritte Händler sogar vier oder mehr. „Unternehmen werden mehrmals zur Kasse gebeten und mit Bürokratie überfrachtet. Bringt nichts, schadet nur! Der Abbau von Bürokratie sollte auf allen Ebenen im Vordergrund stehen. Bei der Gewerbeordnung funktioniert das nur im Zuge einer umfassenden Novellierung.“
 
Qualitätssicherung ist kein Argument
Massiv in Frage stellt das Ergebnis die Funktion der Qualitätssicherung. Nur 24% der Befragten sehen in der GewO ein geeignetes Instrument zur Qualitätssicherung. Jeder Zweite hält Verbraucherschutz-, Lebensmittelsicherheits-, Hygiene- und Gesundheitsgesetze für wesentlich wichtigere Faktoren. 24% setzen auf eigene, strengere Qualitätskriterien und Kundenfeedback: „Im Handel hat der Kunde immer recht. Jemand der die für sein Business nötigen Fähigkeiten nicht mitbringt, wird ohnehin scheitern. Ob mit oder ohne Reglementierung. Warum aber tüchtigen Geschäftsleuten den Erfolg verwehren, nur weil unnötige bürokratische Hürden geschaffen werden“, gibt Mayer-Heinisch zu denken.

Der Handel zeigt, dass es geht
Seit 2002 ist das Handelsgewerbe ein freies Gewerbe, so dass in der Regel zur Ausübung kein Befähigungsnachweis erforderlich ist. Immer wieder wird bei der Diskussion um die Gewerbeordnung argumentiert, dass diese für eine funktionierende Lehrlingsausbildung sorge. Ein Argument, das die Umfrage widerlegt. Lediglich 6 % anerkennen die Ausbildungsqualität als Argument für die GewO. 56% führen die Qualität in der Ausbildung eher auf die Leistungen im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule zurück. 39 % fordern, die Ausbildung für Handelsberufe ganz neu zu Denken. Die Lehrlingszahlen im Handel sind - unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung - nach der Liberalisierung stabil geblieben.
 
„Der Handel hat gezeigt, dass eine Liberalisierung keinen negativen Einfluss auf die Lehrlingssituation hat. Das sieht auch die überwältigende Mehrheit der betroffenen Händler so. Vielmehr sollte man bei der Ausbildung ansetzen und zeitgemäße Konzepte implementieren, die den heutigen Anforderungen gerecht werden. Dazu wäre ein Bekenntnis zur Digitalisierung und die Initiierung einer eigenen Ausbildung zum E-Commerce Kaufmann-/frau ein erster Schritt“, so Mayer-Heinisch.

Die Grafiken zum Download finden Sie auf hier.

Weitere Ergebnisse der Mitgliederbefragungen von Hoteliervereinigung und Gewerbeverein finden Sie unter www.oehv.at bzw. www.oegv.org.

 

Kontakt

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mag. Andreas Weigl
Communications Manager
andreas.weigl@handelsverband.at
+43 (1) 406 22 36-77