Ja zu gesetzlicher Pflegeversicherung, aber ohne Erhöhung der Lohnnebenkosten. Breitere Finanzierung durch Infrastruktur-Abgabe.

Pflege muss leistbar bleiben. Abgabenrechtliche Inpflichtnahme von Digitalkonzernen, die ohne Betriebsstätte in Österreich staatliche Infrastrukturen nutzen, dringend erforderlich.

Wien, 19.03.2019 - Der Handelsverband begrüßt die von der österreichischen Bundesregierung angekündigte Schaffung einer gesetzlichen Pflegeversicherung – sofern diese nicht zu einer Verteuerung der Lohnnebenkosten führt, denn eine weitere steuerliche bzw. abgabenrechtliche Belastung des Erwerbseinkommens der heimischen Arbeitnehmer ist nicht tragbar.

Breitere Gegenfinanzierung auch durch Infrastruktur-Nutzungsabgabe für Digitalkonzerne aus Drittstaaten

"Der Faktor Arbeit wird hierzulande bereits viel zu hoch besteuert, weshalb für die gesetzliche Pflegeversicherung eine andere, breitere Gegenfinanzierung erforderlich ist. Wir empfehlen eine Finanzierung, die insbesondere bei den Einkünften großer Digitalkonzernen aus Drittstaaten ohne physische Präsenz in Österreich ansetzt", erklärt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

Der Hintergrund: "Konzerne wie Amazon oder Alibaba erzielen in Europa Jahr für Jahr Umsätze in Milliardenhöhe, gleichzeitig nutzen sie unsere komplette Infrastruktur quasi zum Null-Tarif. Es ist völlig unverständlich, warum diese Digital Champions, die von der Energieversorgung, von unseren Straßen oder der funktionierenden Müllentsorgung profitieren, nicht auch einen fairen Beitrag zur Finanzierung dieser Strukturen sowie zur Aufrechterhaltung des Sozialstaates leisten müssen", so Will.

Eine entsprechende Infrastruktur-Nutzungsabgabe, die man in einem eigenen "Infrastruktur-Nutzungsgesetz" regeln könnte, wäre demnach stets dann zu entrichten, wenn Produkte oder Dienstleistungen an Konsumenten in Österreich geliefert oder geleistet werden, der Drittstaat-Unternehmer aber über keine physische Betriebsstätte verfügt. Analog wäre auch anzudenken, dass auch Vertreter der Sharing Economy, beispielsweise e-Scooter-Anbieter in Wien, eine Kompensation für die Nutzung staatlicher Infrastrukturen entrichten müssen.

Starke Besteuerung des Faktors Arbeit wirkt sich negativ auf Beschäftigungszahlen aus

Bereits heute ist die Steuer- und Abgabenquote in kaum einem westlichen Land für Unternehmen mit Betriebsstätte höher als in Österreich. Damit werden insbesondere beschäftigungsintensive Branchen, die hierzulande für Wertschöpfung und die Finanzierung des Sozialstaats sorgen, mit zusätzlichen Kosten belastet. So ist etwa der Handel mit mehr als 600.000 Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber und eine der wichtigsten Säulen der Wirtschaft.

Global agierende Digitalkonzerne aus Drittstaaten, die in Österreich ohne physische Betriebsstätte Millionenumsätze erwirtschaften, dürfen sich hingegen über weit niedrigere Steuersätze freuen, ohne etwas zum Gemeinwohl beizutragen. Zuletzt ist auch die geplante Einführung einer Digitalsteuer auf EU-Ebene, um ebendiese Konzerne fairer zu besteuern, gescheitert.

Langfristig führt aus Sicht des Handels jedenfalls kein Weg daran vorbei, eine steuerliche Gleichbehandlung von Old und New Economy zu gewährleisten. Der Handelsverband steht als freie Interessenvertretung aller österreichischen Handelsunternehmen für weitere Gespräche mit der Regierung und dem Sozialministerium zur Verfügung.

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