Kaufkraftverlust lässt Handelsumsätze im 3. Quartal 2023 um real -4% einbrechen. Non-Food-Handel verliert mit -6,8% (real) dramatisch.
Auch Lebensmittelhandel kämpft mit rückläufigen Umsätzen. Beschäftigungsdynamik schwächt sich ab. Bundesregierung setzt ersten kleinen Schritt, um längeres Arbeiten zu attraktivieren. Echte "Anreize" bleiben jedoch aus.
Wien, 08.11.2023 – Der österreichische Einzelhandel musste im dritten Quartal 2023 laut Statistik Austria einen inflationsbereinigten Umsatzrückgang von -4% verkraften. Im Lebensmittelhandel liegt das reale Minus bei -0,4%, der Non-Food-Handel verbuchte sogar ein reales Minus von -6,8%. Laut dem jüngsten WIFO & HV Konjunkturreport Einzelhandel war der letzte Monat mit real gestiegenen Umsätzen der September 2022. Seither waren die Umsätze 12 Monate in Folge rückläufig.
"Der österreichische Handel verzeichnete heuer auch im dritten Quartal in fast allen Warengruppen drastische Verluste aufgrund der multiplen Krisen, die einen deutlichen Kaufkraftrückgang ausgelöst haben. Vor allem im Non-Food-Handel sind die jüngsten Zahlen besorgniserregend, die Umsätze sind um 6,8 Prozent erodiert", bilanziert Rainer Will, Geschäftsführer des unabhängigen, überparteilichen Handelsverbandes.
Jänner bis September: Rückgang der Handelsumsätze um real -3,7%
Im Zeitraum Jänner bis September 2023 verzeichnete der heimische Einzelhandel im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres ein preisbereinigtes Umsatzminus von -3,7%. Der Einzelhandel mit Lebensmitteln erwirtschaftete in den ersten 3 Quartalen ein reales Minus von -0,9%, der Handel mit Nicht-Nahrungsmitteln verbuchte einen preisbereinigten Rückgang von -5,8%.
Handelsverband-Prognose 2023: Einbruch bei den Handelsausgaben um real -3,9%
Damit bestätigen die Zahlen der Statistik Austria auch die Prognosen des Handelsverbandes für das Gesamtjahr 2023. "Der heimische Handel befindet sich auch im zweiten Jahr der Teuerungskrise weiter auf dem Rückzug. Insgesamt schrumpft die Nachfrage im Einzelhandel heuer signifikant um -3,9 Prozent. In manchen Handelssparten gehen wir sogar von einem inflationsbereinigten Rückgang von mehr als zehn Prozent aus. Auch der Onlinehandel wird 2023 erneut deutlich verlieren, wir erwarten ein preisbereinigtes Minus von 9,3 Prozent", prognostiziert Rainer Will.
Handel vor existenziellen Herausforderungen – Bundesregierung muss gegensteuern!
Die neuesten Zahlen der Statistik Austria bestätigen die dramatische Lage, auf die der Handelsverband schon seit vielen Monaten hinweist. Das belegten auch die Ergebnisse der jüngsten HV-Händlerbefragung:
• 27% der Händler haben noch immer nicht alle Corona-Entschädigungen in voller Höhe erhalten
• 51% kämpfen mit Personalmangel
• 52% können sich keine verstärkten Investitionen leisten, obwohl diese notwendig wären
"Man sieht, dass unsere Händler einen wesentlichen Beitrag geleistet haben, um die Auswirkungen der Inflation auf die Geldbörsen der Menschen abzufedern – auf Kosten der eigenen Marge und Substanz. Die Zahl der Insolvenzen ist im ersten Halbjahr bereits um zehn Prozent gestiegen, die Schließungen nehmen ebenso breitflächig zu. Viele Händler stehen mit dem Rücken zur Wand, davon ist insbesondere der Onlinehandel sowie der Elektro- und Möbelhandel betroffen", sagt Handelssprecher Rainer Will.
HV erneuert Forderung nach Anreizen am Arbeitsmarkt: Kosmetische Einzelmaßnahmen reichen nicht!
Die Bundesregierung ist aufgefordert, mit gezielten wirtschaftspolitischen Stabilisierungsmaßnahmen gegenzusteuern. Es braucht mehr Strukturreformen und weniger Verhandlungen über Symbolthemen, immerhin stehen tausende Geschäfte kurz vor der Schließung.
Vor diesem Hintergrund begrüßt der Handelsverband grundsätzlich die gestern verkündeten Maßnahmen für längeres Arbeiten. Wer länger im Erwerbsleben bleibt, soll künftig stärker gefördert werden, etwa durch eine Erhöhung des Bonus für einen späteren Pensionsantritt.
Dass die Österreicher:innen durch diese Einzelmaßnahme tatsächlich länger im Erwerbsleben gehalten werden, ist jedoch nicht zu erwarten. "Hier kann leider nicht von einem tatsächlichen Anreiz gesprochen werden, höchstens von einem zarten ersten Schritt. Viel wichtiger wären eine echte Arbeitsmarktreform sowie eine spürbare Lohnsteuersenkung, damit es sich wieder lohnt, mehr arbeiten zu gehen – egal in welchem Alter", so Rainer Will abschließend.