Greenpeace, Handelsverband und Gewerkschaft GPA fordern von Regierung Maßnahmenpaket zu Amazon und Co

Allianz fordert rasche und strengere Regulierung von Online-Giganten zugunsten von österreichischen ArbeitnehmerInnen, EinzelhändlerInnen und Umwelt

Eine ungewöhnliche Allianz aus Greenpeace, Handelsverband und Gewerkschaft GPA forderte heute bei einem Pressegespräch die Bundesregierung dazu auf, Online-Giganten wie Amazon stärker zu besteuern und sicherzustellen, dass die ArbeitnehmerInnen-Rechte durchgesetzt werden. Zudem sollen Reparaturen durch lokale Betriebe und die Wiederverwendung von Gebrauchsgütern stärker gefördert werden. Die Allianz aus Umweltschutz, Wirtschaft und Gewerkschaft kritisierte, dass internationale Online-Konzerne wie Amazon während der Corona-Krise auf Kosten von Menschen und Umwelt Milliardengewinne einfahren, während österreichische EinzelhändlerInnen und ArbeitnehmerInnen auf der Strecke bleiben. Die Regierung müsse dieser dramatischen Entwicklung einen Riegel vorschieben und für mehr Gerechtigkeit sorgen, so Greenpeace, Handelsverband und Gewerkschaft GPA. Die Bundesregierung solle so rasch wie möglich ein Maßnahmenpaket vorlegen, so die Forderung der Initiative.

Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa, sagt: "Jedes Jahr werden in Österreich mindestens 1,3 Millionen zurückgeschickte Pakete vernichtet. Gerade Amazon zerstört und entsorgt systematisch einwandfreie zurückgesendete Neuware und treibt damit den Wegwerf-Wahnsinn auf die Spitze. Die österreichische Regierung darf nicht länger dabei zusehen, wie Amazon und Co. auf Kosten der Umwelt, des Klimas, des heimischen Einzelhandels und der ArbeitnehmerInnen gigantische Gewinne einstreichen. Statt Steuergeschenke an Amazon zu verteilen, muss die Bundesregierung klimafreundliche Arbeitsplätze fördern und kleine und mittelständische Betriebe unterstützen, um so einen sozial-ökologischen Wiederaufbau nach der Corona-Krise zu ermöglichen. Die Online-Riesen müssen und können auf österreichischer Ebene reguliert werden - zum Beispiel mit einer Plattformhaftung, die sicherstellt, dass Amazon für alle seine Verpackungen eine Abgabe bezahlen muss; und indem Reparaturen und die Wiederverwendung von Gebrauchsgütern gefördert werden."

Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, sagt: "Hunderttausende Arbeitsplätze im stationären Handel sind durch unfaire Wettbewerbsbedingungen zugunsten der Online-Konkurrenz akut gefährdet. Zudem berichten die ArbeitnehmerInnen in den Verteilerzentren und im Lieferdienst der Online-Riesen von prekären Arbeitsbedingungen. Es darf nicht sein, dass ArbeitnehmerInnen in Österreich in Leasing-Verträge, oder Scheinselbstständigkeit gedrängt werden. Wir fordern eine konsequente Prüfung der arbeitsrechtlichen Standards bei Online-Konzernen und eine gesetzliche Obergrenze für den Anteil an überlassenen Arbeitskräften im Unternehmen auf maximal 50 Prozent."

Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, bilanziert: Die immer stärkere Marktkonzentration im Online-Handel ist die Bilanz eines jahrelangen regulatorischen Versagens: Die zehn größten Webshops erwirtschaften gemeinsam fast die Hälfte des gesamten österreichischen Onlineshopping-Umsatzes, Marktführer Amazon kommt auf ein Viertel. "Die Coronakrise verschärft das Ungleichgewicht, daher müssen die Steuerschlupflöcher der multinationalen Online-Giganten dringend gestopft werden. Neben den Gewinnsteuern führt der jahrelange kriminelle Mehrwertsteuer-Betrug von Drittstaaten-Händlern dazu, dass uns pro Jahr nicht nur Millionen an Steuereinnahmen entgehen, sondern die österreichischen Konsumenten mit falsch deklarierten Fake-Produkten geflutet werden, deren Verpackungsmüll nicht korrekt vergebührt wird. Dadurch entstehen zwei Geschwindigkeiten. Die heimischen Händler bewegen sich in einem Korsett an Vorgaben, während die Online-Giganten frei wie ein Vogel agieren können. Daher fordern wir bis zur EU-weiten Abschaffung der 22 Euro MwSt-Freigrenze harte Schwerpunktkontrollen auf nationaler Ebene, sowie eine Plattformhaftung für die Verpackungsentpflichtung und die aktive Bekämpfung von Produktpiraterie."

Amazon macht in Österreich jährlich über 850 Millionen Euro Umsatz. Doch Steuern zahlt der Konzern weiterhin kaum. Im Jahr 2019 hat Amazon von den EU-Staaten sogar eine Steuergutschrift in Höhe von 300 Millionen Euro erhalten. Aktuelle Studien zeigen auf, dass dem Finanzministerium durch internationale Online-Händler wie Amazon oder Alibaba jährlich rund 560 bis 680 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen. Durch die Corona-Krise ist der Online-Handel dieses Jahr rasant gewachsen. Der Umsatz von Amazon alleine ist im ersten Halbjahr 2020 global um 40 Prozent gestiegen. Gleichzeitig wächst auch der ökologische Fußabdruck des Unternehmens. Jeden Tag werden massenweise Produkte rund um den Planeten transportiert. Insgesamt wurden in Österreich 2019 rund 250 Millionen Pakete versendet - wie viele davon von Amazon stammen ist nicht bekannt. Neben der Verpackung ist auch Amazons Umgang mit den Waren eine Belastung für die Umwelt. Greenpeace hat 2019 aufgedeckt, dass Amazon systematisch Neuware aus Lagern oder Retouren zerstört und entsorgt, statt sie weiterzugeben.

Gemeinsame Forderungen:

  • Online-Giganten wie Amazon (Umsatz größer als 750 Millionen Euro; ohne Betriebsstätte in Österreich) müssen fair besteuert werden.
  • Online-Konzerne müssen in Österreich entlang der gesamten Lieferkette die ArbeitnehmerInnen-Rechte achten. ArbeiterInnen im Lager, FahrerInnen etc. dürfen nicht in Leasing-Verträge oder Scheinselbstständigkeit gedrängt werden.
  • Um die lokale Kreislaufwirtschaft zu stärken sollen Re-Use-Aktivitäten und Reparaturleistungen von Einzelhändlern/Organisationen stärker gefördert werden.

Hier finden Sie einen hochwertigen Videomitschnitt der Pressekonferenz: https://we.tl/t-qH9Vnn9RQN

 

 

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