Plastik-Gipfel im Bundeskanzleramt: Handel unterstützt Umsetzung des gesetzlichen Kunststoffsackerl-Verbots

Heimischer Handel mit freiwilliger Vereinbarung bereits Musterschüler. Internationaler Online-Handel ist ebenfalls einzubeziehen. Handelsverband bringt Regulierungsvorschlag ein.

Wien, 08.01.2019 - Die österreichische Bundesregierung hat heute ins Bundeskanzleramt zu einem Runden Tisch zum Thema Kunststofftragetaschen und -verpackungen geladen. Bundeskanzler Kurz (BKA), Bundesministerin Köstinger (BMNT) und Bundesminister Hofer (BMVIT) diskutierten gemeinsam mit Vertretern des Einzelhandels, dem Handelsverband, NGOs, hochrangigen Wissenschaftlern und Sozialpartnern über die bestmögliche Umsetzung des Plastiksackerl-Verbots ab 2020, die Einwegplastik-Richtlinie der EU sowie über weitere Maßnahmen zur Reduktion des Kunststoffmülls.

Größerer Wurf durch Einbezug von Marktplätzen und Internet-Händlern aus Drittstaaten möglich

"Das Verbot von Plastiksackerln ab 2020 unterstützen wir in der Sache und sehen es auch als Chance für einen größeren Wurf. Sorgen wir gemeinsam für mehr Wettbewerbsfairness, indem wir auch Internet-Händler und Marktplätze regulatorisch miteinbeziehen und ein faires Level Playing Field für alle Marktteilnehmer sicherstellen. Es wäre unverständlich, wenn das Verbot nur jene belastet, die Wertschöpfung und Beschäftigung in Österreich sicherstellen, aber jene digitalen Player außen vor lässt, die unser Land mit einer Plastikmüll-Lawine überrollen", empfiehlt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Viele Online-Händler aus Drittstaaten zahlen überdies kein Entpflichtungsentgelt für ihre nach Österreich gelieferten Verpackungen, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet wären. Eine strengere Ahndung wäre wichtig, um Marktverzerrungen zu vermeiden.

Der Handelsverband bewertet sowohl die rasche Umsetzung der Einwegplastik-Richtlinie der EU als auch das Verbot der Beimengung von Mikroplastikpartikeln in Kosmetikprodukten und Reinigungsmitteln positiv. Auch mit dem generellen Verbot von Plastiksackerln – mit Ausnahme jener Tragetaschen, die biologisch vollständig abbaubar sind – kann der Handel leben. "Aus umweltpolitischer Sicht empfehlen wir jedoch, für schwere Kunststofftragetaschen, bei denen eine Wiederverwendbarkeit nachweisbar ist, einen Ausnahmetatbestand anzudenken. Entscheidend ist darüber hinaus, dass das Verbot branchenübergreifend gilt, also auch für Gastro-Lieferservices, Bäckereien, Würstelbuden und Apotheken", sagt Will.

Ausnahmen vom Verbot wären auch in jenen Bereichen wichtig, wo keine ökologisch und ökonomisch sinnvollen Alternativen bestehen, insb. hinsichtlich Hygiene (z.B. Frischfleisch, Fisch), Sicherheit (z.B. scharfkantige Artikel wie Schrauben; aber auch bei Duty Free Shops/Flughafen-Kontrollen) und Wasserdichtheit (z.B. Wasserpflanzen, Lebendfische).

Heimische Händler EU-weit freiwillige Vorreiter. Seit 2014 bereits 112 Mio. Plastiksackerl eingespart.

Im Kampf gegen Kunststoff-Verschmutzung und Plastikmüll hat der österreichische Handel bereits freiwillig Initiativen gesetzt und ist mit bestem Beispiel vorangegangen. Allein mit der von BMNT und Handelsverband gestarteten, freiwilligen Initiative "Pfiat di Sackerl" konnten seit 2014 mehr als 112 Millionen Plastiksackerl in Österreich eingespart werden. Darüber hinaus wurden auch Knotenbeutel von den Kassen verbannt.

Dennoch fallen hierzulande aktuell immer noch rund 7.000 Tonnen Kunststofftragetaschen unterschiedlicher Dicke an. Diese sind eine Belastung für die heimische Umwelt, denn sie landen oft in Flüssen oder auf landwirtschaftlich genutzten Feldern. Daher hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket erarbeitet, das u.a. das Verbot von nicht-abbaubaren Plastiksackerln ab 2020 vorsieht. Für den Handel geht es jetzt darum, gemeinsam alternative Lösungen zu erarbeiten, um auch eine konsumentenseitige Akzeptanz sicherzustellen.

Das sagen die Händler

"Wir begrüßen jede Initiative zur Plastikreduktion, die zu ökologisch sinnvollen und zu ökonomisch tragfähigen Lösungen führt. Im Sinne nachhaltigen und verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns hat sich die REWE International AG bereits 2016 an der freiwilligen Selbstverpflichtung des österreichischen Handels zur Reduktion von Plastik- und Einweg-Tragetaschen beteiligt und 2017 die letzten Plastiksackerln abverkauft. Wir sind damit bereits frühzeitig in Vorleistung gegangen, haben als Erster der Branche den Verkauf von Einweg-Plastiksackerl komplett eingestellt und setzen auf Mehrweg-Tragetaschen. So konnten wir konzernweit eine jährliche Einsparung von rund 28 Millionen Stück erreichen. Mit unserer 2018 gestarteten Initiative 'Raus aus Plastik' wollen wir das gesamte Bio Obst und Gemüse bis Ende 2019 lose oder umweltfreundlicher verpacken und bis 2030 alle Verpackungen unserer Eigenmarken-Produkte auf umweltfreundlichere Alternativen umstellen", so REWE International-Vorstand Marcel Haraszti.

"Wir unterstützen die Initiative der Bundesregierung aus voller Überzeugung und freuen uns, dass wir diesen wichtigen gemeinsamen Schritt mitgestalten dürfen. HOFER hat bereits mehrere Maßnahmen definiert, so ist u.a. im Jahr 2019 unser Ziel die Auslistung von Einwegplastikprodukten wie Becher, Geschirr, Besteck oder Wattestäbchen mit Plastikschaft. Darüber hinaus soll bis zum Jahr 2025 der Materialeinsatz unserer Eigenmarken-Verpackungen um 30 Prozent reduziert werden. Bis 2022 sollen zudem 100 Prozent der Eigenmarken-Verpackungen recyclingfähig sein", versichert Horst Leitner, Generaldirektor von HOFER.

"Wir verfolgen in unserer Plastikstrategie einen klaren Ansatz und der heißt: Vermeiden – Reduzieren – Wiederverwerten. Dazu werden wir konzernweit den Plastikverbrauch bis 2025 um 20% reduzieren. Gleichzeitig wollen wir bis dahin alle Kunststoffverpackungen 100% recyclingfähig machen. Dafür haben wir schon Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt. Dazu gehört auch der freiwillige Verzicht auf den Verkauf von Einweg-Plastiksackerl. Wir werden hier dran bleiben und Schritt für Schritt besser werden", so Christian Schug, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Lidl Österreich.

"Wir begrüssen die Initiative zur Reduktion von Plastik. SPAR bietet bereits jetzt verschiedene Alternativen zu Kunststoff-Tragtaschen an und hält auch beim Obst und Gemüse Papiersackerl und Mehrweg-Netze bereit. Daneben gibt es eine eigene Arbeitsgruppe, die sich seit Längerem mit der sinnvollen Reduktion von Plastikverpackungen beschäftigt", erklärt Nicole Berkmann, Leiterin Konzernale PR und Information bei SPAR Österreich.

"Wir haben uns 2016 als erster Händler Österreichs vom Einwegsackerl verabschiedet. Gemeinsam mit unseren Kunden entschieden wir uns stattdessen für Mehrwegtaschen, vorhandene Ressourcen zu verwenden, die Umwelt zu schonen und damit für eine zukunftsträchtige Ausrichtung. Diese Initiative nehmen wir uns selbst als Beispiel, um weitere sinnvolle Wege in eine bedachte Zukunft zu finden. Für manche Herausforderungen oder auch um abrupte Ausweichmanöver von einer Ressource zur anderen zu vermeiden, ist eine branchenübergreifende Zusammenarbeit und Zeit unabdingbar", sagt Harald J. Mayer, Geschäftsführer von Tchibo/Eduscho.

"Vor zwei Jahren haben wir uns als erstes Textilunternehmen in Österreich zur Selbstverpflichtung der Reduktion von Plastiktaschen bekannt und konnten der Verbrauch deutlich senken. Neben Biobaumwoll-Tragetaschen bieten wir heute auch andere wiederverwendbare Taschen an.
Viele unserer Produkte werden überdies nicht mehr verpackt im Verkauf angeboten"
, bestätigt Norbert W. Scheele, Country Director bei C&A und Handelsverband-Vizepräsident.

Der Handelsverband hat beim heutigen Plastikgipfel einen konkreten Regulierungsvorschlag eingebracht und wird sich - auch im Rahmen des nächsten Arbeitstreffens - für eine verträgliche Umsetzung einsetzen. Angesichts des kurzen Umsetzungszeitraums versichert der heimische Handel auch seine Bereitschaft, gemeinsam mit der Politik eine Bewusstseinskampagne für die Konsumenten umzusetzen.

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