Warum wir für eine Sonntagsöffnung im Handel eintreten
Der Einzelhandel steht aktuell unter großem Druck und dieser wird sich auch in absehbarer Zukunft wohl eher erhöhen denn reduzieren. Die Kundenfrequenzen gehen vielerorts – und hier nicht nur in den Stadt- und Ortskernen – zurück. In einer solchen disruptiven Phase muss umgehend und mit einem großen Maß an Flexibilität reagiert werden.
Die Sonntagsöffnung ist in diesem Kontext ein immer wieder diskutiertes Dauerthema im österreichischen Handel. Der Handelsverband als freie Interessenvertretung des österreichischen Handels und der ACSC (Austrian Council of Shopping Centers) als Vertreter der Shopping Center in Österreich haben hierzu eine klare Position. Wir fordern die Sonntagsöffnung an mindestens 6 Sonntagen pro Jahr für alle Handelsbetriebe, landesweit und ohne Sonderregelungen!
Warum?
Chancenausgleich mit dem eCommerce
Das Internet als 24/7 Anbieter – und das an 365 Tagen im Jahr – hat hier (neben der bevorzugten Besteuerung) klare Vorteile. Die Marktanteile des eCommerce erhöhen sich rasant. Eine Erweiterung der Öffnungszeiten würde einen (kleinen) Wettbewerbsausgleich schaffen, da – wie Studien belegen – der Sonntag der präferierte Einkaufstag im Internet ist.
Symbiose mit Entertainment/Gastronomie
In den letzten Jahren hat sich der Anteil an gastronomischen Nutzungen und jener von Freizeiteinrichtungen in Shopping Centern und Einkaufsstraßen deutlich vergrößert. Das Shoppingerlebnis wird immer mehr als Freizeitbeschäftigung verstanden und mit einem Restaurant-, Kino-, Fitnesscenter-, Bowling-Besuch etc. kombiniert. Oftmals finden diese Tätigkeiten am Sonntag statt, eine Kombination ist daher bis dato nicht möglich.
Kaufkraftrückgewinnung bei Touristen
Der Devisenentgang für Österreich wird häufig ins Treffen geführt und soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Der Tourismus ist eine tragende Säule unserer Wirtschaft, 150 Mio. Nächtigung pro Jahr bestätigen dies eindrucksvoll. Städtetourismus findet oftmals an (verlängerten) Wochenenden statt. Dass diese Nachfrage nicht saturiert wird, man die Kaufkraft im wahrsten Sinne des Wortes davonfliegen lässt und diese somit für immer verloren ist, kann ein Homo Ökonomikus schwer nachvollziehen.
Öffnung für Alle
Der Handelsverband und der ACSC sprechen sich für eine Sonntagsregelung aus, die für alle Händler gelten soll. Eine Abgrenzung kann schließlich nur willkürlich erfolgen und es wird immer Härtefälle geben, egal wie die Abgrenzungskriterien definiert werden. Jeder Handelsbetrieb (nicht nur in Shopping Centern) sollte selbst entscheiden können, ob er am Sonntag öffnet oder eben nicht.
Neue Lebensmodelle
Die Formen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens haben sich im letzten Jahrhundert rasant gewandelt. Unsere Arbeitsgewohnheiten sind aber seit der industriellen Revolution nahezu unverändert geblieben. Der "nine to five-Job" hat mancherorts ausgedient und sollte durch flexible Arbeitsformen ersetzt werden können (nicht müssen). Warum sollte es keine Beschäftigten geben, die gerne am Sonntag arbeiten (etwa weil ein Kind dann durch den Partner/die Großeltern etc. betreut werden kann)? Mehr als 700.000 Menschen gehen in Österreich am Sonntag laut Statistik Austria zumindest gelegentlich, mehr als 450.000 Menschen regelmäßig ihrem Beruf nach, warum dürfen das keine Beschäftigten im Handel sein? Was unterscheidet einen Kellner von einer Verkäuferin?
Eine teilweise Öffnung am Sonntag (z.B. 6x pro Jahr) führt letztlich zu…
- mehr Fairness,
- mehr Arbeitsplätzen,
- mehr Wertschöpfung in Österreich,
- einer Attraktivierung der Stadt- und Ortskerne.
Sowohl dem Handelsverband als auch dem ACSC ist bewusst, dass hierfür – trotz der nach wie vor
bestehenden Ungleichbehandlung in Bezug auf Kollektivvertrag, Steuern etc. – investiert werden muss.
Das bedeutet…
- 100%ige Zuschläge,
- zusätzlich ein freier Tag,
- Freiwilligkeit der Arbeit am Sonntag.