Zollstreit EU-China: HV fordert Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze noch im Juli. Sonderzölle auf chinesische E-Autos könnten auf Nahrungsmittelpreise wirken.
Retail Attractiveness Index: Europäische Einzelhandelsmärkte erholen sich nach multiplen Krisen. Österreich & Deutschland hinken nach.
Wien, 5. Juli 2024 - Auf politischer Ebene tut sich derzeit einiges. Die Verhandlungen der EU im Streit über Strafzölle für E-Autos aus China sind vorerst gescheitert. Bereits heute treten Sonderzölle von bis zu 37,6% in Kraft, diese sollen maximal vier Monate gelten. Vorsicht ist geboten, denn diese Sonderzölle könnten mittelfristig unabsehbare negative Folgen für die Europäische Union haben. Ein Zoll-Wettlauf wird befürchtet – und damit droht eine Fragmentierung der globalen Märkte.
Die EU und insbesondere Österreich hätten in einem Handelskonflikt mit Fernost viel zu verlieren. "Die chinesische Regierung prüft bereits höhere Zölle auf Schweinefleisch aus Europa. Das würde auch die österreichische Landwirtschaft treffen und könnte mittelfristig die Nahrungsmittelpreise in der Europäischen Union nach oben treiben", befürchtet Rainer Will, Geschäftsführer des freien, überparteilichen Handelsverbandes.
Ungarn hat indes die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Der Fokus muss jetzt auf die Verringerung der Bürokratie sowie die Stärkung des Binnenmarktes gerichtet werden. Ein starker Binnenmarkt stärkt die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Einzel- und Großhändler aller Größen und Geschäftsmodelle.
HV-Forderung 1: Binnenmarkt stärken & territoriale Lieferbeschränkungen verbieten!
"Ein Verbot territorialer Lieferbeschränkungen in der gesamten Union ist überfällig, damit Händler in kleineren Ländern wie Österreich oder Belgien Waren nicht mehr zu weit überhöhten Kosten beschaffen müssen. Das würde den Binnenmarkt stärken und die europäischen Konsumenten pro Jahr um 14 Milliarden Euro entlasten", ist Handelssprecher Rainer Will überzeugt.
Konkret handelt es sich um diskriminierende Praktiken der globalen Lebensmittelindustrie, mit denen Konsument:innen in Österreich höhere Preise verrechnet werden als etwa in Deutschland. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat dies in ihrem Endbericht zur Branchenuntersuchung der Lebensmittel-Wertschöpfungskette vom November 2023 bereits kritisiert.
HV-Forderung 2: 150 € Zollfreigrenze sofort abschaffen & fairen Wettbewerb schaffen!
Nur gemeinsam können die europäischen Staaten stark auftreten, fairen Wettbewerb sicherstellen und die hohen Qualitätsstandards, die europäische Waren auszeichnen, schützen. Ein entscheidender Schritt hierfür ist die ehestmögliche Abschaffung der EU-Zollfreigrenze von 150 Euro, idealerweise noch im Juli 2024.
"Die 150-Euro-Zollfreigrenze sollte noch im Juli 2024 abgeschafft werden, wir können nicht bis 2028 warten. Die EU-Kommission muss endlich aufwachen und dem vorsätzlichen Zollbetrug durch dubiose QuickCommerce-Plattformen aus Fernost einen Riegel vorzuschieben", bestätigt Rainer Will.
Retail Attractiveness Index: Österreich und Deutschland weit zurück
Die gute Nachricht: Der positive wirtschaftliche Trend in den wichtigsten europäischen Einzelhandelsmärkten hat sich 2024 verfestigt. Laut Global Retail Attractiveness Index (GRAI) von GfK und Union Investment haben 9 von 15 untersuchten europäischen Einzelhandelsmärkten im Jahresverlauf ein Wachstum verzeichnet. Insgesamt liegt der Indikator nun bei 114 Punkten, was einer Steigerung um drei Punkte im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
EU-15-Index: Verbraucherstimmung und Umsätze legen deutlich zu
Die größten Anstiege wurden in Großbritannien, Dänemark, Polen und Schweden mit einem Plus von jeweils mehr als 8 Punkten verzeichnet. In Tschechien (-4), Deutschland (-3), Österreich (-2) und Finnland (-1) gingen die Werte hingegen leicht zurück. Positiv: Im EU-15 Index hat sich die Verbraucherstimmung um 12 Punkte verbessert, die Einzelhandelsumsätze konnten um 5 Punkte zulegen. Der Arbeitsmarktindikator blieb im Vorjahresvergleich ebenso unverändert wie die Händlerstimmung.
"In den letzten fünf Jahren hat nicht nur Europa gegenüber den USA und China an Wettbewerbsfähigkeit verloren, sondern auch die österreichische Wirtschaft gegenüber der Eurozone. Die Folge ist eine wachsende Zahl an Arbeitslosen sowie eine Zunahme an Unternehmensinsolvenzen. Umso wichtiger ist jetzt die Rolle des Handels als Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor, wie auch der Retail Attractiveness Index belegt", sagt Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch.
Auf nationaler Ebene neigt sich die Legislaturperiode dem Ende zu. Am 29. September 2024 findet die Nationalratswahl statt. Der Handelsverband hat seine 50 Empfehlungen für die kommende Bundesregierung bereits eingebracht und fordert u.a. Standortimpulse für ein wettbewerbsfähiges Österreich.