Geoblocking Verordnung: EU erkennt das Problem, präsentiert jedoch kontraproduktive Lösungen die nicht praxistauglich sind

Wien, 28.06.2016 - Die EU-Kommission hat am 25. Mai 2016 ein E-Commerce-Paket für einen „effizienteren Binnenmarkt“ vorgelegt und damit einen Legislativvorschlag gegen „ungerechtfertigtes Geoblocking“ und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Geschäftssitzes präsentiert. Der Handelsverband hat große Bedenken, dass die Verordnung, die 2017 in Kraft treten soll, negative Auswirkungen auf österreichische Händler haben wird. Unmittelbar nach Veröffentlichung des VO-Vorschlages hat der Handelsverband vor der Vertretern der Europäischen Kommission und  nationale Ministerien auf Mängel hingewiesen und klare Empfehlungen ausgesprochen.

„Der Handelsverband setzt sich seit Jahren als Expertenorganisation für einen Digital Single Market ein. Ich warne aber vor weltfremden Regulierungen, die das gemeinsame Ziel nicht fördern, sondern behindern. Harmonisierung ja, aber bitte richtig und praxisorientiert und unter Einbezug handelsrelevanter Prozesse. Jeder politische Vertreter der die VO unterstützt, befeuert damit eine Überregulierung, die nur Monopolen nützt, jedoch KMU massiv schwächt. Deregulierung sieht anders aus“, spricht sich Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, für eine Überarbeitung der Verordnung aus.

Die Verordnung sieht einen Kontrahierungszwang innerhalb der EU vor. Dieser würde zu enormen Kosten und Rechtsunsicherheiten bei den Händlern führen. Die finanziellen Auswirkungen für Onlinehändler sind durch die erzwungene Internationalität und die Komplexität, die zu hohen laufenden Infrastrukturkosten führen, unzumutbar hoch. Weiters stellt der grenzüberschreitende Kontrahierungszwang eine gravierende Einschränkung der Vertragsfreiheit der Händler dar. Dass die Verpflichtung zum Verkauf, aber nicht zum Versand besteht, bringt weitere Unsicherheit, nicht zuletzt weil eine mögliche Ausweitung in der Verordnung angedeutet wird.

Vom diskriminierungsfreien Zugriff zur diskriminierungsfreien Lieferung ist nur noch ein kleiner Schritt. Dies wäre jedoch fatal, da nur einige wenige Online-Giganten die logistischen und rechtlichen Anforderungen erfüllen könnten. Das würde das Todesurteil für 99% aller Onlineshops bedeuten“, so Rainer Will.

Bevor der Handel mit neuen Vorgaben konfrontiert werden könne, müsse zuerst ein einheitliches Mehrwertsteuersystem eingeführt werden, die Vertragsregeln und Verbraucherrechte europaweit harmonisiert werden und ein durchgängiger Paketzustellungsmarkt  entstehen.

„Wir leben und handeln mit 28 verschiedenen Mwst-Regimen und europaweit unterschiedlichen Verbraucherrechten. Die Geoblocking Verordnung setzt das Dach auf das Haus bevor das Fundament gelegt ist. Unser Ziel ist eine angepasste Regulierung für einen funktionierenden, gemeinsamen - nun leider um ein Mitglied kleineren - Binnenmarkt. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen ist der Fokus der  Europäischen Kommission auf die große Probleme und die längst fällige Entbürokratisierung umso wichtiger“, so Rainer Will.

Der Handelsverband hat am 27.6. eine ausführliche Stellungnahme eingebracht. Diese ist unter folgendem Link abrufbar:

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